rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1985 bis 1988 des Verstorbenen
Tenor
1. Die Vollziehung der nachfolgend näher bezeichneten Steuerbescheide wird in der jeweils angegebenen Höhe bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung in der Hauptsache (Az.: IV 126/92) ausgesetzt:
Bezeichnung des Bescheides |
ausgesetzter Steuerbetrag |
Einkommensteuerbescheid 1985 vom … |
… DM |
Einkommensteuerbescheid 1986 vom … |
… DM |
Einkommensteuerbescheid 1987 vom … |
… DM |
Einkommensteuerbescheid 1988 vom … |
… DM |
2. Die Vollziehung der auf die ausgesetzten Steuerbeträge seit Fälligkeit entstandenen Säumniszuschläge wird aufgehoben.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1985 bis 1988, soweit der Antragsgegner Kanalbaubeiträge und Beiträge an die … Ritterschaft nicht als Betriebsausgaben anerkannt hat.
Der Antragsteller ist seit 1946 Eigentümer des Rittergutes … Er ist Rechtsnachfolger seines am 3.10.1990 verstorbenen Vaters … dem ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an diesem Rittergut zustand und der in den Streitjahren als wirtschaftlicher Eigentümer dieses Rittergutes Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte. … war nach §§ 141 f Abgabenordnung buchführungspflichtig und ermittelte den Gewinn seines Betriebes durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Stadt P. setzte mit Heranziehungsbescheid vom 31.3.1988 gegenüber dem Antragsteller für eine Teilfläche des Flurstückes 24/2 der Flur 1, Gemarkung … unter Berufung auf ihre Abgabensatzung für die Abwasserbeseitigung vom 4.10.1984 einen einmaligen Kanalbaubeitrag in Höhe von … DM fest. Die Stadt hatte 1987 die öffentliche Entwässerungsanlage fertiggestellt. Bei dem Flurstück handelte es sich um die Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes, die bis zum Anschluß an die Kanalisation anderweitig entsorgt worden war. Am 31.3.1988 waren dort folgende Entsorgungseinrichtungen vorhanden: 3 Dreikammer-Gruben, davon 2 sogenannte „Schreiber”-Anlagen und eine selbstgebaute Grube. Hinsichtlich der Lage der Erschließungseinrichtungen wird auf die vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 22.9.1992 vorgelegte Skizze (Bl. 65 Gerichtsakte) Bezug genommen. In der letzten Kammer der Grube III befand sich eine Hebeanlage, die mittels einer Pumpe das vorgeklärte Abwasser in den damals vorhandenen Abwasserkanal pumpte. Nunmehr werden die Fäkalien von der Grube III in einen Schmutzwasserkanal gepumpt. Die Gruben I und II sind zugeschüttet. Der Heranziehungsbescheid ist bestandskräftig.
In dem Heranziehungsbescheid ist der vorgedruckte Abschnitt „Fälligkeit und Zahlung” gestrichen. Die Stadt P. hat den Kanalbaubeitrag bisher nicht eingefordert. Zum Heranziehungsbescheid gehört eine Zeichnung des Grundstücks, das teilweise farblich markiert und mit dem Vermerk „zinslos gestundete Fläche” versehen ist. In der Bp-Arbeitsakte befindet sich ferner eine Vorlage des Stadtdirektors der Stadt P. an den Verwaltungsausschuß der Stadt vom 25.2.1988 (Drucksache …) für eine Ausschußsitzung am 10.3.1988, in der vorgeschlagen wird, den Kanalbaubeitrag für die erwähnte Teilfläche des Grundstücks des Antragstellers und für ein weiteres Grundstück eines anderen Landwirts zinslos zu stunden, solange die Flächen landwirtschaftlich genutzt werden. Zur Begründung des Vorschlags wird in der Vorlage ausgeführt, daß nach dem neuen Baugesetzbuch vorgesehen sei, daß bei den für den Betrieb notwendigen Landwirtschaftlichen Flächen, Erschließungsbeiträge zinslos zu stunden seien. Ob der Verwaltungsausschuß eine Stundung der Kanalbaubeiträge in der vorgeschlagenen Weise beschlossen hat, ist bisher ungeklärt. Ein „formeller” Stundungsbescheid ist dem Antragsteller nicht bekanntgegeben worden.
In seiner Bilanz zum 30.6.1988 passivierte der Vater des Antragstellers den Kanalbaubeitrag als Verbindlichkeit und behandelte ihn als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe.
Der Vater des Antragstellers war in den Streitjahren Mitglied der … Ritterschaft. Nach § 1 ihrer Statuten von 1873 „bildet die Ritterschaft eine Corporation, welche aus den sämmtlichen in die Ritterschaft aufgenommenen Besitzern der in den genannten Provinzen und den übrigen dazu gehörigen Landestheilen belegenen landtagsfähigen Güter besteht”. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Statuten wird auf die in den Gerichtsakten befindliche Kopie verwiesen. Der Vater des Antragstellers zahlte 1985 bis 1988 jährlich einen Ritterschaftsbeitrag in Höhe von 150,– DM, die er ebenfalls als Betriebsausgaben behandelte.
Der Antragsgegner ließ weder den Kanalbaubeitrag noch die Ritterschaftsbeiträge in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1985 bis 1988 zum Abzug als Betriebsausgaben zu. Wegen der Einzelheiten der Steuerfestsetzungen wird auf die Steuerbescheide (Bl. 31/85, 53/86, 37/87, 43/88 der Einkommensteuerakten) und die Einspruchsentscheidung (Bl. 59 der Rechtsbehelfsakten) Bezug geno...