Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Veranlassung einer Abfindung an Arbeitnehmer-Ehegatten anlässlich Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Betriebsveräußerung
Leitsatz (redaktionell)
- Für Abfindungen im Rahmen eines steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses sind zur Beurteilung der betrieblichen Veranlassung unter verständiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalles die Grundsätze heranzuziehen, die der BFH im Zusammenhang mit der steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Pensionszusagen an nahe Angehörige und für die Anerkennung von Direktversicherungsleistungen als Betriebsausgaben entwickelt hat.
- Zu den Anforderungen an die betriebliche Veranlassung einer Abfindung an Arbeitnehmer-Ehegatten anlässlich der Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Betriebsveräußerung im Einzelnen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Streitjahr(e)
1995
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Abfindung.
Der Kläger betrieb im Streitjahr die L.- Apotheke auf einem ihm gehörenden Grundstück in D. Er ist seit 1964 verheiratet und hat seine Ehefrau im Juni 1974 als approbierte Apothekerin eingestellt. Mit Schreiben vom 31.12.1994 kündigte der Kläger das Ehegatten-Arbeitsverhältnis zum 31.08.1995 „vorsorglich”. In dem Kündigungsschreiben wies der Kläger darauf hin, dass er beabsichtige, die Apotheke im Laufe des Jahres 1995 zu veräußern. Sollte die Apotheke zu einem späteren Zeitpunkt veräußert werden, sollte sich das Arbeitsverhältnis entsprechend verlängern und die Kündigung als zu diesem Zeitpunkt als ausgesprochen gelten. Des weiteren verpflichtete sich der Kläger gegenüber seiner Ehefrau mit Rücksicht auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ihr eine Abfindung zu zahlen. Ausmaß und Zahlung der Abfindung würden gesondert vereinbart. Wegen des genauen Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Bl. … der Bp-Arbeitsakte verwiesen. Mit notarieller Urkunde vom 07.06.1995 veräußerte der Kläger das Grundstück an Frau S. zu einem Kaufpreis von … DM. Als Übergabetermin war der 01.09.1995 vereinbart. In derselben notariellen Urkunde verkaufte der Kläger die Apotheke an den Ehemann der Grundstückskäuferin zu einem Kaufpreis von … DM zuzüglich des Betrages für das Warenlager. Gemäß § 5 des Apothekenkaufvertrages verpflichtete sich der Käufer, gemäß § 613a BGB in sämtliche bestehenden Dienstverträge – mit Ausnahme des Dienstvertrages des Klägers mit seiner Ehefrau, für dessen Beendigung der Kläger zum Übergabezeitpunkt Sorge tragen sollte – einzutreten. Wegen des genauen Inhalts des Kaufvertrages wird auf Bl. . Bp-Arbeitsakte verwiesen. Ende 1995 überwies der Kläger 145.000 DM als Abfindung auf das Konto seiner Ehefrau. Bereits im September 1993 hatte der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Grundstück in G. zu einem Gesamtkaufpreis von 1.636.468 DM erworben und dort eine Eigentumswohnung errichtet. Der Kläger, der seit dem 01.08.1995 Rentenbezüge erhält, ist dort am 1.8.1995 mit seiner Ehefrau eingezogen.
Anläßlich einer in 1997 durchgeführten Außenprüfung ließ der Prüfer die gezahlte Abfindung nicht zum Betriebsausgabenabzug zu. Der Prüfer ging davon aus, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des 1993 in G. erworbenen Grundstücks privat veranlaßt gewesen sei und dass ein Erwerber des Betriebes nach § 613a BGB zur Übernahme des Arbeitsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre. Das beklagte FA folgte dem Prüfer und erließ für das Streitjahr einen entsprechend geänderten Gewerbesteuermessbescheid. Den hiergegen erhobenen Einspruch begründete der Kläger damit, dass die Abfindung nach der Rechtsprechung zum Kündigungsschutzgesetz (KSchG) berechnet und daher angemessen sei. Die Abfindungszahlung sei auch eindeutig vereinbart worden und ernsthaft gewollt gewesen. Dies zeige die anschließende Handhabung. Der im September 1995 vollzogene Umzug nach G. habe mit der Abfindungszahlung nichts zu tun. Der Kläger und seine Ehefrau besitzen seit Jahrzehnten Grundstücke/Eigentumswohnungen in G. Zudem hätten die Eheleute in 1993 noch nicht gewußt, wie das Grundstück später genutzt werden sollte. Insbesondere sei auch eine Vermietung der Eigentumswohnung in Betracht gekommen. Da überdies Ende 1994 noch kein Pächter bzw. Erwerber der Apotheke vorhanden gewesen sei, könne der Kauf in 1993 nicht dahingehend interpretiert werden, dass schon damals geplant gewesen sei, im Streitjahr nach G. umzuziehen.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1995 sei gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Kündigung am 31.12.1994 weder ein Erwerber der Apotheke vorhanden gewesen sei, noch abzusehen gewesen sei, dass ein solcher die Übernahme des Dienstverhältnisses mit der Ehefrau ablehnen und damit den Verkauf in Frage stellen würde. Für die Anwendung des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB müsse der Betriebsübergang nicht der alleinige Beweggrund sein. Es genüge, wenn er für die Kündigung wesentlich mitbestimme...