vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
- Die Erstattung von Parkgebühren an Arbeitnehmer führt bei diesen zu Arbeitslohn, wenn die Kosten bereits mit der gesetzlichen Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 S. 2 EStG) abgegolten sind. Auch wenn die Erstattung von Parkkosten bei fehlenden kostenlosen Parkmöglichkeiten ein pünktliches Erscheinen der Beschäftigten am Arbeitsplatz und damit einen reibungslosen Betriebsablauf begünstigen, so erfolgt die Übernahme der Parkkosten dennoch nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern immer auch im Interesse der Arbeitnehmer, die diese Kosten anderenfalls zu tragen hätten.
- Ist eine dem Arbeitgeber erteilte Auskunft seines Steuerberaters geeignet, Zweifel an der allgemeinen Geltung der von ihm zu einem steuerlichen Sachverhalt vertretenen Auffassung zu begründen, so ist das Absehen von der Einholung einer Anrufungsauskunft nach § 42e EStG im Rahmen der Haftung als grob schuldhaft zu beurteilen.
- Sind von dem streitigen Sachverhalt jährlich mehrere hundert Beschäftigte des Arbeitgebers betroffen, die zudem steuerlich bei unterschiedlichen Wohnsitzfinanzämtern geführt werden, so liegt die Entscheidung der Finanzbehörde, anstelle der Arbeitnehmer allein den Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen, auch unter Berücksichtigung der fortschreitenden Automatisierung des Besteuerungsverfahrens im Rahmen des der Behörde bei der Auswahl des Schuldners zustehenden Ermessenspielraums.
- Zur Auslegung einer Klage gegen einen Haftungsbescheid, der die Haftung für Kirchensteuer mit umfasst.
Normenkette
KiStRG ND § 10 Abs. 2; AO § 171 Abs. 15, 3a, 4; EStG § 19; AO § 191 Abs. 1; EStG § 3 Nrn. 31, 50, § 40 Abs. 2, §§ 42d, 42e, 51 Abs. 5, § 51a Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist die Haftung der Klägerin als Arbeitgeberin nach § 42d Einkommensteuergesetz (EStG) für nicht abgeführte Lohnsteuer im Zusammenhang mit der Erstattung von Parkgebühren.
I. Die Klägerin ist eine Krankenhausgesellschaft mit Standorten in A und B. Sie beschäftigte in den Streitjahren rund 1.500 Personen. Die Klägerin verfügte an dem Standort B über keinen eigenen Parkplatz. Der gegenüber dem Klinikgelände gelegene Parkplatz wurde von einem Fremdanbieter betrieben und war entsprechend kostenpflichtig. Um der Forderung des Betriebsrats nach kostenfreien Parkplätzen für die Klinikbelegschaft nachzukommen, erstattete die Klägerin den Beschäftigten, die den kostenpflichtigen Parkplatz am Krankenhaus nutzten, gegen Nachweis die Parkgebühren. Die den Parkplatz nutzenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten vom Parkplatzbetreiber eine Gebührenkarte, die mit einem beliebigen Betrag aufgeladen werden konnte. Beim Verlassen des Parkplatzes wurde die für die konkrete Parkdauer zu entrichtende Parkgebühr von dem Guthabenbetrag auf der Karte abgezogen. Am Monatsende erhielt die Klägerin von dem Parkplatzbetreiber eine Liste der Beschäftigten mit den von diesen gezahlten Parkgebühren. Die Möglichkeit der Erstattung nutzten in den Streitjahren jährlich zwischen 35% und 45 % der Klinikbelegschaft.
Im Hinblick auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Erstattungszahlungen für die Parkgebühren teilte die Steuerberaterin der Klägerin auf deren Anfrage in einer schriftlichen Stellungnahme im September 2009 mit, dass die Erstattung der Parkgebühren zu steuer- und sozialversicherungspflichtigem Arbeitslohn der jeweiligen Mitarbeiter führe. Eine pauschale Versteuerung mit 15 % gemäß der Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG sei nicht möglich, weil mit der gesetzlichen Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte auch Parkgebühren abgegolten seien und der Arbeitnehmer diese daher nicht zusätzlich als Werbungskosten geltend machen könne. Eine andere Bewertung könne sich allenfalls bei der Erstattung von Parkgebühren als Reisenebenkosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit des Arbeitnehmers ergeben. Aus lohnsteuerrechtlicher Sicht könne es sich als Gestaltungsempfehlung anbieten, dass die Klägerin die Stellflächen selbst anmiete und die von ihr angemieteten Parkplätze anschließend unentgeltlich den Beschäftigten überlasse. Gemäß der in einem Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. September 2006 zum Ausdruck kommenden Auffassung der Finanzverwaltung liege die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Parkmöglichkeiten an Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sodass der hieraus entstehende Vorteil nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führe. Die Stellungnahme wurde noch im selben Monat von der Buchhaltungsabteilung an die Geschäftsführer der Klägerin und den Leiter der Personalabteilung weitergeleitet.
Die im November 2013 von der Zentralen Außenprüfungsstelle Lohnsteuer des Finanzamts Z (ZALSt) angeordnete Lohnsteuer-Außenprüfung betreffe...