Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe: Gewährung von Akteneinsicht. – PKH Beschwerde –
Verfahrensgang
VG Oldenburg (Beschluss vom 24.03.2004; Aktenzeichen 3 A 163/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 3. Kammer – vom 24. März 2004 geändert.
Dem Kläger wird für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt seiner Wahl aus dem Bezirk des Verwaltungsgerichts Oldenburg beigeordnet.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet. Dem im prozesskostenhilferechtlichen Sinn bedürftigen Kläger ist für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts seiner Wahl zu bewilligen, weil seine Klage auf Gewährung von Akteneinsicht hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 166 VwGO, 114 ZPO hat.
Nach der neueren, inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 7.6.2004 – 12 PA 181/04 –, Beschl. v. 25.6.2004 – 12 PA 225/04 –, Beschl. v. 26.10.2004 – 12 PA 306/04 –, Beschl. v. 22.12.2004 – 12 PA 473/04 –, Beschl. v. 28.2.2005 – 12 PA 526/04 –) ist bei der Beurteilung, ob für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausreichende Erfolgsaussichten bestehen, maßgeblich zu berücksichtigen, dass das Institut der Prozesskostenhilfe die verfassungsrechtlich garantierte Rechtsschutzgleichheit gewährleisten will, indem Bemittelte und Unbemittelte hinsichtlich der Chancen ihrer Rechtsverfolgung gleichgestellt werden. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den grundgesetzlich gebotenen Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich machen. Daher darf die Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren regelmäßig nicht einen Umfang erreichen, der demjenigen in dem Verfahren entspricht, für das Prozesskostenhilfe begehrt wird. Insbesondere ist es nicht Aufgabe des Prozesskostenhilfeverfahrens, schwierige Rechtsfragen oder streitige Tatsachen abschließend zu klären. Auch muss die Überzeugung des Gerichts im Prozesskostenhilfeverfahren nicht derart verfestigt sein wie vor allem bei Endentscheidungen im Hauptsacheverfahren. Bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dürfen schließlich die Anforderungen an den Vortrag der Beteiligten, selbst wenn sie anwaltlich vertreten sind, nicht überspannt werden (vgl. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Beschlüsse vom 26.6.2003 – 1 BvR 1152/02 – NJW 2003, 3190 und vom 14.10.2003 – 1 BvR 901/03 – NVwZ 2004, 334).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, dem Klagebegehren fehlten hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von § 114 ZPO. Die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss zu den Erfolgsaussichten angestellten Erwägungen, die sich in einer Bezugnahme auf die wenig substantiierten Ausführungen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 9. März 2005 erschöpfen, vermögen die Ablehnung der begehrten Akteneinsicht voraussichtlich nicht zu rechtfertigen:
Die Beklagte räumt selbst ein, dass dem Kläger grundsätzlich ein Recht auf die begehrte Akteneinsicht zusteht. Sie hatte ihm bereits in ihrem Schreiben vom 28. Oktober 2004 ihre Bereitschaft zur Gewährung von Akteneinsicht erklärt. Im Beschwerdeverfahren hat der Vertreter der Beklagten fernmündlich gegenüber dem Gericht bekundet, dass dem Kläger Einsicht in Akten (z.B. diejenigen, die seinen Wohnungsverlust beträfen) gewährt werden müsse. Streitig ist zwischen den Beteiligten somit lediglich der Umfang der zu gewährenden Akteneinsicht, und zwar sowohl in sachlicher Hinsicht (in Bezug auf welche Vorgänge?) als auch in persönlicher Beziehung (nur in die den Kläger betreffenden Akten oder auch in die Akten von Frau C. und Frau D.). Der sachliche Umfang lässt sich auf der Grundlage der vom Kläger gemachten Angaben hinreichend präzisieren, und zwar jedenfalls nachdem der Kläger auf den Seiten 3 bis 5 seines Schriftsatzes vom 8. April 2005 nähere Angaben dazu gemacht hat.
Bei diesem Sach- und Streitstand wird es Aufgabe der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sein, die einzusehenden Akten im einzelnen festzulegen (wobei auch der Kläger kooperativ sein muss). Sollte es bei unverändertem Sachstand zu einer streitigen Entscheidung kommen, wird der Kläger mit seinem Klagebegehren voraussichtlich zumindest in wesentlichen Teilen durchdringen. Erfolgsaussichten im Sinne von § 114 ZPO bestehen also durchaus, so dass dem Kläger ein Recht auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes, der im übrigen auch zu einer einvernehmlichen Lösung beitragen kann, zusteht.
Die Kostenentscheidungen folgen aus den §§ 166 VwGO, 127 Abs. 4 ZPO, 206 Abs. 1 SGG i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO a.F:
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Unterschriften
Dr. Claaßen, Dr. Möller, Tröster
Fundstellen