Verfahrensgang

VG Stade (Beschluss vom 23.10.1992)

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragstellerin gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stade – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 23. Oktober 1992 werden als unzulässig verworfen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Frage der Wirksamkeit der Wahlen der Arbeiter-Vertreter in den Personalrat der Dienststelle „Kreisverwaltung” und den Gesamtpersonalrat beim Landkreis … am 10. März 1992.

Nach den Wahlausschreibungen vom 7. Februar 1992 (Kreisverwaltung) und vom 23. Januar 1992 (Gesamtpersonalrat) waren in die beiden Personalräte ein bzw. zwei Vertreter der Beamten, fünf bzw. sechs Vertreter der Angestellten und jeweils drei Vertreter der Arbeiter zu wählen. Für die Gruppe der Arbeiter wurden zwei Wahlvorschläge eingereicht, u. a. einer von der Antragstellerin. Dieser enthielt drei bzw. sechs Namen, darunter jeweils den des Kraftfahrers L. Dieser ist (seit 1991) Kreistagsabgeordneter. Im Hinblick darauf beanstandete der Wahlvorstand den Vorschlag unter Hinweis auf § 10 Abs. 3 Nds. PersVG (sowie den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 12.3.1991 – 9 A 2618/90; inzwischen geändert durch Senatsbeschluß vom 4.11.1992 – 18 L 8463/91). Da die Antragstellerin diese Rechtsauffassung zur Frage der Wählbarkeit des L. nicht teilte, wurde dieser vom Wahlvorstand aus der jeweiligen Bewerberliste gestrichen (§ 10 Abs. 5 Satz 3 der Wahlordnung). Nach den abgegebenen Stimmen entfielen auf die Wahlvorschläge der Antragstellerin entsprechend den Grundsätzen der Verhältniswahl (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nds. PersVG) ein Sitz im Personalrat „Kreisverwaltung” und zwei Sitze im Gesamtpersonalrat.

Am 23. März 1992 hat die Antragsgegnerin die Personalratswahlen hinsichtlich der jeweiligen Wahlen der Arbeiter-Vertreter angefochten mit dem Begehren, diese jeweils für unwirksam zu erklären. Sie hat gemeint, daß mit dem Ausschluß ihres Kandidaten L. gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit verstoßen worden sei. L. sei weder als Arbeiter noch als Kreistagsabgeordneter zu selbständigen Entscheidungen in Personalratsangelegenheiten der Dienststelle befugt. Demgegenüber hat der Beteiligte zu 1) gemeint, daß L. in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3 Nds. PersVG nicht wählbar gewesen sei. Bei Entscheidungen des Kreistages in Personalsachen befinde sich ein Kreistagsmitglied, das zugleich Mitglied des Personalrates sei, in einem Interessenwiderstreit. Im Kreistag entscheide jedes Mitglied eigenverantwortlich und unabhängig. Die Mitwirkung eines Abgeordneten bei einem Kreistagsbeschluß entspreche so einer „selbständigen Entscheidungsbefugnis”. Die insoweit bestehende Gesetzeslücke sei im Wege der analogen Anwendung zu schließen. Die beteiligten Personalräte haben insbesondere darauf hingewiesen, daß eine Nichtwählbarkeit des L. in den jeweiligen Personalrat dessen Freiheit, sich in den Kreistag wählen zu lassen oder Abgeordneter zu bleiben, beeinträchtige, was eine erweiternde Auslegung des § 10 Abs. 3 Nds. PersVG verbiete.

Die Fachkammer hat die (in zwei Verfahren verfolgten) Anträge mit Beschlüssen vom 23. Oktober 1992 abgelehnt. Die Streichung des L. aus der Kandidatenliste sei zulässig gewesen. L. sei (unmittelbar) gemäß § 10 Abs. 3 Nds. PersVG nicht wählbar gewesen. Zwar könne er als Arbeiter nicht selbständige Personalentscheidungen treffen, wohl aber als Kreistagsmitglied. Die Entscheidung des Kreistages sei selbständig im Sinne von § 10 Abs. 3 Nds. PersVG. Die „Teilnahme an der Willensbildung anderer”, wie es bei einem Kollegium gleichberechtigter Mitglieder der Fall sei, nehme der Entscheidung nicht den Charakter der Selbständigkeit, zumal jedes Mitglied seine Meinung vertreten und damit auf die Willensbildung einwirken, mit seiner Stimme sogar den Ausschlag geben könne. Die Anwendung des § 10 Abs. 3 Nds. PersVG auf Kreistagsmitglieder verfehle auch nicht den Regelungszweck dieser Bestimmung, nämlich, den Personalrat von solchen Mitgliedern freizuhalten, die in einem hervorgehobenen Loyalitätsverhältnis zur Dienststelle stünden, weil sie dort in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten selbständig entschieden.

Gegen diese, ihr am 2. Dezember 1992 zugestellten Beschlüsse richten sich die am 28. Dezember 1992 eingelegten und am 4. Februar 1993 begründeten Beschwerden der Antragstellerin. Sie meint, daß im Rahmen des § 10 Abs. 3 Nds. PersVG allein darauf abzustellen sei, ob ein Kandidat in der Dienststelle selbständig Personalangelegenheiten entscheiden könne. Das Kreistagsmandat des L. sei deshalb unerheblich.

Nachdem die Antragstellerin unter dem 2. September 1993 auf die Versäumung der Begründungsfrist hingewiesen worden war, beantragte sie mit Schriftsatz vom 7. September 1993,

ihr Wiedereinsetzung zu gewähren.

Zur Begründung dieses Antrags gibt sie an, ihr sei am 4. Januar 1992 auf Anfrage von der Geschäftsstelle des Oberverwaltungsgerichts (einer weiblichen Person, die nicht namentlich bekannt sei)...

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