Leitsatz
In dem Beschwerdeverfahren ging es primär um die Frage, welche Kriterien im Rahmen der Abwägung, ob eine Verbleibensanordnung für ein Kind in einer Pflegefamilie auszusprechen ist, zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt
Zwei minderjährige Kinder aus einer nichtehelichen Beziehung der Mutter lebten seit März 2005 in dem Haushalt von Pflegeeltern. Die Mutter heiratete im Jahre 1988. Noch im selben Jahr wurde ihr Sohn geboren, der bei seinem Vater und später bei dessen Eltern aufwuchs. Jedenfalls seit dem 10. Lebensjahr des Sohnes unterhielt die Mutter keinen Kontakt mehr zu ihm.
Ihre Ehe mit dem Vater des Sohnes wurde 1992 geschieden.
Im Jahre 2001 lernte sie einen neuen Partner kennen, der als Hausmeister tätig war und in dessen Wohnung sie mit beiden Kindern aus ihrer nichtehelichen Beziehung einzog. Aufgrund von Gewalttätigkeiten fand sie am 1.12.2004 erstmalig Aufnahme im Frauenhaus. Am 31.12.2004 kehrte sie zu ihrem Partner zurück. Ende Januar 2005 begab sie sich erneut mit beiden Kindern ins Frauenhaus. Anfang März 2005 wurden beide Kinder wegen der Folgen eines Sturzes aus dem Kindersitz stationär im Krankenhaus behandelt.
Nach der Rückkehr beider Kinder zu ihrer Mutter am 9.3.2005 wurden von Mitarbeiterinnen im Frauenhaus Unzulänglichkeiten in der Versorgung der Kinder festgestellt. Ferner wurde angesichts des erhöhten Alkoholkonsums der Mutter der Verdacht auf eine Suchtproblematik geäußert. Die Mutter sah sich mit der Betreuung beider Kinder überfordert und stellte daraufhin einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung. Am 16.3.2005 teilte die Leiterin des Frauenhauses dem Jugendamt mit, die Situation habe sich so zugespitzt, dass möglichst unverzüglich eine Inobhutnahme beider Kinder erfolgen solle. Beide Kinder wechselten daraufhin am 19.3.2005 in den Haushalt der Pflegeeltern, in dem sie fortan lebten.
Anlässlich einer folgenden kinderärztlichen Untersuchung, die am 21.3.2005 aufgenommen wurde, wurden u.a. deutliche Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten festgestellt, insbesondere mangelndes Sprachvermögen, nicht altersgerechte Feinmotorik und nicht altersgerechtes Essverhalten sowie Anfälle von Jähzorn.
Seit dem 1.5.2005 lebte die Kindesmutter allein, nachdem sie die Beziehung zu dem Kindesvater beendet hatte. Die Besuchskontakte mit den Kindern in den Räumlichkeiten eines Gemeindehauses nahm sie regelmäßig wahr. Ferner stand sie in ständigem Kontakt zum Jugendamt und nahm an Selbsthilfegruppen teil.
Die Pflegeeltern beantragten Ende September 2005, gem. § 1632 Abs. 4 BGB das Verbleiben beider Kinder bei ihnen anzuordnen. Die Mutter leide nach wie vor an einer Alkoholproblematik und sei nicht in der Lage, sich mit beiden Kindern gleichzeitig zu beschäftigen oder auch nur deren körperliche Sicherheit zu gewährleisten. Beide Kinder hätten binnen kurzer Zeit enge Bindungen zu den Pflegeeltern entwickelt. Es drohe ihnen schwerer seelischer Schaden, wenn sie nunmehr in den Haushalt ihrer Mutter zurückkehren müssten.
Die Kindesmutter trat dem Antrag der Pflegeeltern entgegen und beantragte, die Herausgabe der Kinder anzuordnen.
Die Mutter hat sich zunächst im ersten Termin vor dem FamG mit einem Verbleib der Kinder in der Pflegefamilie für die Dauer des Verfahrens einverstanden erklärt. Vom FamG wurde eine Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens u.a. zu den Fragen der Erziehungsfähigkeit der Mutter und der Kindeswohlgefährdung bei einer Rückführung in ihren Haushalt beauftragt. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass sich die Kindesmutter nur unzulänglich in die Belange und Bedürfnisse der Kinder einfühlen könne und ihrem eigenen Verhalten in der Vergangenheit wie auch ihrer Alkoholproblematik unkritisch gegenüberstehe. Eine Trennung der Kinder von der Pflegefamilie und die Rückführung in die Obhut der Mutter bedeute für die Kinder die Gefahr akuter psychischer Folgen sowie auch eine langfristige Beeinträchtigung der Persönlichkeitsentwicklung.
Das FamG hat daraufhin Beschluss vom 6.2.2006 den Verbleib der Kinder in der Pflegefamilie angeordnet und den Antrag der Mutter auf Herausgabe zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Kindesmutter Beschwerde eingelegt.
Ihr Rechtsmittel hatte in der Sache keinen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG bejahte ein Rechtsschutzbedürfnis für die von den Pflegeeltern begehrte Regelung, weil die Kindesmutter das Ziel verfolge, die Kinder wieder in ihre Obhut zu nehmen.
Zu Recht habe das FamG das Verbleiben beider Kinder in der Pflegefamilie nach § 1632 Abs. 4 BGB angeordnet.
Bei der vorzunehmenden Auslegung der Voraussetzungen für die Verbleibensanordnung sei nach der ständigen Rechtsprechung des BverfG sowohl dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG als auch der Grundrechtsposition des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie schließlich auch dem Grundrecht der Pflegefamilie aus Art. 6 Abs. 1 und 3 GG Rechnung zu tragen. Die in Rede stehende Aufrechterhaltung der Trennung eines Kindes von seinen Eltern berühre den Schutzbereich des Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG ...