Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 92
Hinsichtlich des Bleiberechts gilt Folgendes: Seit 1.1.2006 ist in Österreich das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in Kraft, welches u.a. die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate in Österreich aufhalten oder aufhalten wollen, sowie die Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts regelt (§ 1 Abs. 1 NAG).
Rz. 93
Zum Niederlassungsrecht von EWR-Bürgern siehe § 51 ff. NAG, durch die die Richtlinie 2004/38/EG umgesetzt worden ist. Demnach sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenschutz verfügen, sodass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialleistungen noch Ausgleichszulagen in Anspruch nehmen, oder wenn sie als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung absolvieren. Dieser Aufenthalt ist der Behörde binnen vier Monaten ab der Einreise anzuzeigen (§ 53 Abs. 1 NAG). Nach § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt, nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt.
Rz. 94
Fremden, die nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind (= Drittstaatsangehörige i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 6 NAG) und die mit einem Österreicher, der den dauernden Wohnsitz im Inland hat, verheiratet sind, ist grundsätzlich ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" zu erteilen (§ 47 Abs. 1 und 2 NAG). Der Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" berechtigt zur befristeten Niederlassung mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang.
Rz. 95
Für die Erteilung jedes Aufenthaltstitels (somit auch des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger") müssen vom Fremden bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden: Sein Aufenthalt darf etwa nicht öffentlichen Interessen widerstreiten, er muss einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweisen, er muss über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügen und sein Aufenthalt darf zu keiner finanziellen Belastung der Gebietskörperschaften führen (§ 11 Abs. 2 Z. 1 ff. NAG). Aufenthaltstitel sind zwingend zu versagen, wenn Erteilungshindernisse, wie ein Einreiseverbot nach § 53 FPG, eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates bzw. der Schweiz oder eine Aufenthaltsehe, vorliegen (siehe dazu § 11 Abs. 1 Z. 1, 2 und 4 i.V.m. Abs. 3 NAG). Darüber hinaus müssen Drittstaatsangehörige mit der Stellung eines Erstantrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A1) nachweisen (§ 21a Abs. 1 NAG). Mit erstmaliger Erteilung dieses Aufenthaltstitels sind sie zur Absolvierung eines Sprach- und Wertekurses (Modul 1) verpflichtet.
Rz. 96
Anschließend an den Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" kann der Ehegatte den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" erhalten (§ 8 Abs. 1 Z. 8 NAG), wenn er in den letzten fünf Jahren ununterbrochen tatsächlich in Österreich niedergelassen war und neben der Erfüllung der allgemeiner Voraussetzungen überdies Modul 2 der Integrationsvereinbarung (§ 10 IntG) erfüllt hat (§ 45 Abs. 1 NAG). Modul 2 umfasst vertiefte Kenntnisse der deutschen Sprache auf Sprachniveau B1 und vertiefte Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich (§ 12 Abs. 2 IntG). Erst mit dem Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" ist der Ehegatte in Österreich unbefristet niedergelassen; die Aufenthaltskarte selbst muss dennoch alle fünf Jahre erneuert werden (§ 20 Abs. 3 NAG).
Der unbeschränkte Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt ist mit dem Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" verbunden (§ 17 Z. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz).