Leitsatz (amtlich)
1. Ermächtigen zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einer eingetra-genen Genossenschaft einzelne Mitglieder gemäß § 25 Abs. 3 S. 1 GenG zur Vornahme bestimmter Geschäfte, so können diese an der Beschlussfassung mitwirken.
2. Das zu ermächtigende Vorstandsmitglied muss an seiner eigenen Ermächtigung mitwirken, wenn der Vorstand nur aus zwei Mitgliedern besteht und das weitere Mitglied allein nicht vertretungsbefugt ist.
Normenkette
GenG § 25 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Würzburg (Aktenzeichen RO-3946-12) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Würzburg vom 10.02.2020, Az. RO-3946-12, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Schreiben vom 04.02.2020 legte die Beteiligte zu 3) (künftig auch: Notarin) dem Amtsgericht - Grundbuchamt - Würzburg gemäß § 15 GBO die Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 1) vom 04.02.2020 (URNr. xxx/2020) und die Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 2) vom 16.01.2020 (URNr. zz/2020) vor und beantragte den grundbuchlichen Vollzug dieser Urkunden.
Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um eine eingetragene Genossenschaft. Nach dem Eintrag im Genossenschaftsregister wird die Genossenschaft vertreten durch zwei Vorstandsmitglieder oder einem Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen. Vorstandsmitglieder sind A. und B.. Die Löschungsbewilligung vom 16.01.2020 war von B. unterzeichnet worden. Dieser handelte aufgrund einer Vollmacht vom 27.09.2019 für die Beteiligte zu 2) (URNr. ccc/2019 der Beteiligten zu 3). In der Vollmachtsurkunde vom 27.09.2019 ermächtigt A. gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 GenG B. zur Vertretung der Beteiligten zu 2) in bestimmten Grundbuchsachen.
Mit Zwischenverfügung vom 10.02.2020 teilte die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts Würzburg der Notarin mit, dass ein Eintragungshindernis bestehe, weil die Löschung des Grundpfandrechts nur durch ein Vorstandsmitglied bewilligt und die vorgelegte Vollmacht nur durch ein Vorstandsmitglied erteilt worden sei. Sie setzte eine Frist zur Behebung des Hindernisses bis 10.03.2020.
Mit Schreiben vom 13.02.2020 legte die Notarin gegen die Zwischenverfügung Erinnerung ein. Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung sei gegeben. Herr B. könne und müsse sich nicht selbst ermächtigen, so dass die Bevollmächtigung durch Herrn A. ausreichend sei.
Das Amtsgericht Würzburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren gemäß Beschluss vom 09.03.2020 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die als Beschwerde auszulegende Erinnerung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
a) Gegen eine Zwischenverfügung ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 GBO statthaft (Kramer in BeckOK GBO, Stand 15.12.2019, § 71, Rn. 112).
b) Der Notar ist selbst zwar nicht beschwerdeberechtigt. Hat er jedoch bereits den Vollzugsantrag gemäß § 15 GBO gestellt, wird entsprechend § 15 Abs. 2 GBO bei Ablehnung des Antrags oder Erlass einer Zwischenverfügung eine Vollmacht des Notars auch für das Beschwerdeverfahren vermutet (Reetz in BeckOK GBO, Stand 15.12.2019, § 15 GBO, Rn. 62). Stellt der Notar - wie hier - nicht klar, für welchen Antragsberechtigten die Einlegung des Rechtsmittels erfolgt, wird angenommen, dass er die Beschwerde für alle Antragsberechtigten einlegt (Kramer in BeckOK GBO, Stand 15.12.2019, § 71, Rn. 227). Als Beschwerdeführer sind daher die Beteiligten zu 1) und 2) anzusehen, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO.
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
Es fehlt an einer wirksamen Ermächtigung des B. für die Erteilung der Löschungsbewilligung. Denn die Ermächtigung des B. wäre von beiden Vorstandsmitgliedern gemeinsam zu erteilen gewesen, § 25 Abs. 3 S. 1 GenG.
a) Gemäß § 25 Abs. 3 S. 1 GenG können zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Es besteht Einigkeit, dass die Vorstandsmitglieder die Ermächtigung in jeweils vertretungsberechtigter Anzahl aussprechen müssen (Geibel in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Rn. 3; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., Rn. 9). Daraus folgt, dass bei einem mit mehr als zwei Personen besetzten Vorstand die Ermächtigung zwar nicht zwingend durch alle, aber immer durch so viele Mitglieder zu erfolgen hat, wie für eine wirksame Vertretung erforderlich sind, wobei nach überwiegender Meinung der zu Ermächtigende selbst mitwirken kann (Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, 4. Aufl., Rn. 10; für den gleichlautenden § 78 Abs. 4 AktG: Spindler in MüKo AktG, 5. Aufl., § 78, Rn. 65; Koch in Hüffer/Koch, AktG, 14. Aufl., § 78, Rn. 19). Im Falle einer echten Gesamtvertretung muss das zu ermächtigende Vorstandsmitglied daher mitwirken, wenn der Vorstand ohne es nicht vertretungsbefugt ist, insbesondere dann, wenn der Vorstand nur aus zwei Mitgliedern besteht (RGZ 80, 180, 183; Spindler a.a.O.,...