Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrkosten durch Unterbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Wenn die durch Einschaltung eines Unterbevollmächtigten veranlassten Mehrkosten die fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um mehr als 10 % übersteigen, so ist bei der Kostenfestsetzung ein Zuschlag von 10 % auf die fiktiven Reisekosten nur dann gerechtfertigt, wenn der auf Kosteneinsparung bedachte Hauptbevollmächtigte vorausschauend davon ausgehen durfte, dass durch die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten keine höheren Kosten entstehen würden.
Normenkette
ZPO § 91; BRAGO § 33 Abs. 3, § 53 S. 1
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Beschluss vom 13.04.2006; Aktenzeichen 31 O 487/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bayreuth vom 13.4.2006 i.V.m. dem Beschluss des LG Bayreuth vom 22.5.2006 dahin abgeändert, dass der von den Beklagten an die Klägerin zu erstattende Betrag 737,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 21.4.2004 beträgt.
Die darüber hinausgehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 63 %, der Beklagte 37 %.
III. Der Beschwerdewert wird auf 635,68 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 13.4.2006 hat das LG Bayreuth die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 504,60 EUR mit Zinsen festgesetzt.
Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 24.4.2006 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit einem am 27.4.2006 bei den Justizbehörden Bayreuth eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.4.2006 "Erinnerung" eingelegt mit der Begründung, an die Klägerseite sei im Rahmen der Prozesskostenhilfe von der Staatskasse nur ein Betrag i.H.v. 1.081,12 EUR (nicht 1.208,02 EUR) gezahlt worden. Außerdem sei es nicht gerechtfertigt, für die Terminswahrnehmung des unterbevollmächtigten Rechtsanwalts S. lediglich die fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten anzusetzen, weil das LG Bayreuth Rechtsanwalt S. mit Beschluss vom 18.10.2004 als Unterbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung beigeordnet habe.
Das LG Bayreuth hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 22.5.2006 teilweise abgeholfen, weil im Rahmen der Prozesskostenhilfe tatsächlich nur ein Betrag i.H.v. 1.081,12 EUR an die beigeordneten Rechtsanwälte ausbezahlt worden war. Den von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Betrag hat das LG nunmehr auf 631,50 EUR festgesetzt, der darüber hinausgehenden Beschwerde jedoch nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Rechtsmittel der Klägerin ist als sofortige Beschwerde nach § 104 Abs. 3 ZPO statthaft und gem. §§ 567 Abs. 1 und 2, 569 ZPO zulässig und, soweit ihr das LG Bayreuth nicht bereits abgeholfen hat, auch teilweise begründet.
1. Die Kosten eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts sind nach § 91 ZPO nur dann erstattungsfähig, wenn sie die ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um nicht mehr als 10 % überschreiten (Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 Rz. 13 - Reisekosten des Anwalts, m.w.N.). Da hier eine Überschreitung um mehr als 10 % vorliegt, können nicht die Kosten des Unterbevollmächtigten, sondern nur die (fiktiven) Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in Ansatz gebracht werden.
a) Allerdings umfassen die fiktiven Reisekosten auch die fiktiven Übernachtungskosten (§ 28 Abs. 3 S. 2 BRAGO). Denn aus der vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 20.3.2006 vorgelegten Routenempfehlung ergibt sich für die Strecke von W. nach Bayreuth eine Fahrtzeit von 4 Stunden und 45 Minuten. Daraus folgt wiederum, dass der Prozessbevollmächtigte mindestens um 5.00 Uhr hätte losfahren müssen, um den für 10.00 Uhr angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung rechtzeitig zu erreichen. Ein Reiseantritt vor 6.00 Uhr morgens ist jedoch nicht zumutbar (Gebauer/Schneider, BRAGO, § 28 Rz. 27). Die Übernachtungskosten für ein angemessenes Hotelzimmer in Bayreuth werden unter Herausrechnung des Frühstücks (Gebauer/Schneider, BRAGO, § 28 Rz. 27) auf 75 EUR geschätzt.
Hinzuzusetzen ist ein Tage- und Abwesenheitsgeld i.H.v. 31 EUR (4-8 Stunden) für den Tag der Anreise (§ 28 Abs. 3 S. 1 BRAGO).
Die fiktiven Reisekosten summieren sich dann nicht auf 384,42 EUR, sondern auf 490,42 EUR.
b) Die Kosten des Unterbevollmächtigten dürfen wegen § 33 Abs. 3 BRAGO einerseits und § 53 S. 1 BRAGO andererseits nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche Mehrkosten durch die Einschaltung eines Terminsvertreters insgesamt entstanden sind.
Dieser Vergleich führt vorliegend zu folgendem Ergebnis: Die Kosten des Hauptbevollmächtigten belaufen sich auf 1.110,70 EUR (10/10 Prozessgebühr: 375 EUR; 5/10 Verhandlungsgebühr gem. § 33 Abs. 3 BRAGO: 187,50 EUR; 10/10 Vergleichsgebühr 375 EUR; Auslagenpauschale: 20 EUR; MwSt 153,20 EUR).
Die Kosten des Unterbevollmächtigten summieren sich ebenfalls auf 1.110,70 EUR (5/10 Prozessgebühr gem. § 53 S. 1 BRAGO; Erörterungsgebühr 375 EUR; Vergle...