Leitsatz (amtlich)

›1. Das Gericht ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Sachverständigen gegen dessen Willen anzuweisen, die zur Herstellung von Bauteilöffnungen erforderlichen Werkverträge abzuschließen.

2. Soweit Bauteilöffnungen zum Zweck der Begutachtung durch den Sachverständigen vom Beweisführer durchgeführt werden können, ist eine entsprechende Weisung auch nicht iSd § 404a Abs 4 ZPO "erforderlich".‹

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Beschluss vom 16.10.2001; Aktenzeichen 74 OH 1357/01)

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege der Beweissicherung die Feststellung von Schäden an ihrem Kindergarten. Das Landgericht erließ am 6.8.2001 antragsgemäß einen Beweisbeschluß und bestellte den Sachverständigen #####. Dieser teilte dem Gericht unter dem 6.10.2001 u.a. mit, die antragstellende Partei (Beschwerdeführerin) "möge beim Besichtigen geeignete Arbeitskräfte mit geeigneten Werkzeugen bereit halten, damit nach meinen Anweisungen die verfahrensgegenständlichen Bauteile geöffnet werden können.

Geöffnete Bauteile zu schließen ist weder zu bewirken noch zu tun meine Sache. Öffnen und Schließen von Bauteilen geschehen allein auf Gefahr der antragstellenden Partei unter Ausschluß jeglicher Haftung meiner Person, gleichgültig warum und gegenüber wem eine solche entstehen könnte ..."

Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin, dem Sachverständigen aufzugeben, zur Öffnung von Bauteilen - falls erforderlich - Hilfspersonen heranzuziehen und die Beseitigung der Schäden, die durch die von ihm durchgeführten Untersuchungsmaßnahmen entstanden sind, zu veranlassen (Schriftsatz 8.10.2001, Bl. 60 d. A. unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf in NJW-RR 1997, 1360).

Das Landgericht lehnte diesen Antrag mit Beschluß vom 16.10.2001 ab mit der Begründung, es sei Aufgabe der Antragstellerin (Beschwerdeführerin) dem Sachverständigen die Überprüfung des Daches entsprechend dem Beweisbeschluß vom 6.8.2001 zu ermöglichen und dazu - soweit erforderlich - Bauteile zu öffnen. Daß sie dazu nicht in der Lage sei, habe die Antragstellerin weder behauptet, noch sei dies sonst ersichtlich (Bl. 65/66 d. A.). Gegen diesen Beschluß legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.10.2001 Beschwerde ein; sie meint, es sei Sache des Gerichts, dem Sachverständigen erforderliche Weisungen zu erteilen und nimmt erneut Bezug auf die zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf.

Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab (Beschluß vom 26.10.2001) und bezog sich zur Begründung auf die Kommentierung bei Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl., Rdnr. 191 und eine Entscheidung des OLG Brandenburg (BauR 1996, 432).

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Die Frage, ob das Gericht nach § 404 a ZPO dem Sachverständigen eine Weisung zur Vornahme von Bauteilöffnungen zu erteilen hat, ist umstritten.

Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an.

1. Der Beschwerdeführer verweist auf Entscheidungen des OLG Düsseldorf (NJW-RR 97, 1360) und des OLG Frankfurt (BauR 98, 1052 mit einer Anmerkung von Rechtsanwalt #####.

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf betrifft jedoch nur den Fall, daß ein Sachverständiger im Rahmen seines Auftrags Beschädigungen vorgenommen hat. In einem solchen Fall habe das Gericht auf dessen Antrag hin anzuordnen, daß diese Schäden auf Kosten des Antragstellers behoben werden. Eine ausdrückliche Weisung - wie vorliegend beantragt - zur Bauteilöffnung war nicht erfolgt.

Im Fall des OLG Frankfurt hatte sich der Beklagte geweigert, für Bauteilsöffnungen und -schließungen zu sorgen. Das OLG Frankfurt hat die Auffassung vertreten, daß dem Sachverständigen in einem solchen Fall gemäß § 404 a Abs. 1 ZPO eine entsprechende Weisung zur Bauteilöffnung zu erteilen ist. In welchem Umfang ein Sachverständiger persönlich oder unter Einschaltung von Hilfskräften tätig werde, sei ihm überlassen, mit dem Problemkreis "Kontrahierungszwang" (so die Argumentation des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, s.u.) habe dies nichts zu tun. Einem Sachverständigen würden auch keine Haftungsfolgen aufgebürdet, die über den normalen Umfang der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hinausgehen, wenn erwartet wird, daß er von ihm zu untersuchende Bauteile öffnet. Das OLG Frankfurt verweist darauf, daß Wussow ("Das gerichtliche Beweissicherungsverfahren in Bausachen, S. 82") als selbstverständlich von der Zulässigkeit einer entsprechenden Weisung ausgeht und die gegenteilige Auffassung von Werner/Pastor (s.o.) ohne Begründung bleibe.

2. Das Landgericht stützt seine Entscheidung ausweislich des Nichtabhilfebeschlusses auf die einschlägige Kommentierung. Dort (Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl., Rdnr. 91) ist ausgeführt, es sei allein Sache des Antragstellers, die Durchführung erforderlicher Arbeiten zu gewährleisten. Dieser habe - falls notwendig - die entsprechenden Arbeiten entweder selbst durchzuführen oder Dritten bzw. dem Antragsgegner in Auftrag zu geben. Der Sachverständige werde in aller Regel zu Recht nicht bereit sein, inso...

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