Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechte aus dem Grundrentenzuschlag im Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
1. Anrechte aus dem Grundrentenzuschlag unterliegen im Versorgungsausgleich als gesondert auszuweisende Anrechte einer eigenen Beurteilung und Tenorierung.
2. Eine fehlende Ausgleichsreife wegen Unwirtschaftlichkeit gem. § 19 Abs. 2 Ziff. 3 VersAusglG liegt nicht vor, wenn die Nichtteilhabe an dem zu übertragenden Anrechtsteil aus dem Grundrentenzuschlag nicht mit ausreichender Sicherheit zum Entscheidungszeitpunkt prognostiziert werden kann, sondern eine solche Annahme rein spekulativ wäre.
3. Geringwertige Anrechte aus dem Grundrentenzuschlag können aufgrund des Halbteilungsgrundsatzes ausgeglichen werden, soweit keine wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit des zu übertragenden Anrechtes vorliegt.
4. Aufgrund des automatisierten Datenabgleichs im Rahmen des Einkommensanrechnungsvorganges gem. § 97a Abs. 2, 6 SGB VI fehlt es an einem dem § 18 Abs. 2 VersAusglG zugrundeliegenden erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
Normenkette
SGB VI §§ 97a, 120f Abs. 2 Nr. 3; VersAusglG §§ 10, 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2 Ziff. 3
Verfahrensgang
AG Obernburg a.M. (Aktenzeichen 3 F 577/20 VA) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern wird der Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Obernburg a. Main vom 12.04.2022 in Ziffer 1. im zweiten Absatz abgeändert und ergänzt wie folgt: Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (Versicherungsnummer: ...) zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 3,6287 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern, bezogen auf den 30.11.2020, übertragen.
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (Versicherungsnummer ...) zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,3180 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern, bezogen auf den 30.11.2020, übertragen.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird für das erstinstanzliche Verfahren in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Obernburg a. Main vom 12.04.2022 in Ziffer 3 auf 4.927,50 Euro und für das Beschwerdeverfahren auf 1.971,00 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das Amtsgericht - Familiengericht - Obernburg a. Main hat mit Endbeschluss vom 12.04.2022 den Versorgungsausgleich hinsichtlich der am xx.07.2021 geschiedenen Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin ausgeglichen. Der Versorgungsausgleich war aus dem Verbund abgetrennt worden. Dabei hat es im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 3,9467 Entgeltpunkten übertragen. Vom Anrecht der Antragsgegnerin aus privater Altersvorsorge sind dem Antragsteller im Wege interner Teilung 4.272,40 Euro als Kapital übertragen worden. Vom Anrecht des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung wurden der Antragsgegnerin 5,3686 Entgeltpunkte übertragen. Der Ausgleich eines Anrechtes des Antragsgegners aus betrieblicher Altersversorgung unterblieb wegen Geringfügigkeit. Der Kapitalwert dieses Anrechtes beträgt 6.172 Euro. Das Anrecht wurde insgesamt ausschließlich in der Ehezeit erworben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen die ihr am 14.04.2022 zugestellte Entscheidung hat die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern mit am 25.04.2022 beim Amtsgericht eingegangenem Schreiben vom 22.04.2022 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass in der mit Schreiben vom 10.03.2022 erteilten Auskunft für die Antragsgegnerin ein Ausgleichswert von 3,6287 Entgeltpunkten sowie ein Ausgleichswert von 0,3180 Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mitgeteilt worden sei. Das Familiengericht habe die mitgeteilten Entgeltpunkte offensichtlich addiert, was nicht erfolgen dürfe. Bei den Entgeltpunkten für langjährige Versicherung handele es sich um Entgeltpunkte besonderer Art, die mit den übrigen Entgeltpunkten nicht vergleichbar seien (§§ 120 f. Abs. 2 Ziffer SGB VI). Diese seien daher im Rahmen des Versorgungsausgleichs gesondert auszuweisen und zu teilen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Beschwerdeschreiben Bezug genommen.
Die übrigen Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.
II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung wie tenoriert.
Nach der von den Beteiligten nicht beanstandeten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern vom 10.03.2022 hat die Antragsgegnerin ein Anrecht in der allgemeinen...