Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen die Kostenentscheidung bei Nichteinleitung eines Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn bei der Frage der Regelung des Umgangs auf eine Anregung hin kein Verfahren eingeleitet wird, dann ist auch keine Kostenentscheidung zu treffen. Denn mit der Anregung nach § 24 FamFG sind keine gesonderten Kosten und Gebühren verbunden.
2. Ergeht dennoch seitens des Familiengerichts eine Kostenentscheidung, stellt diese für den Betroffenen eine die Instanz beendende Entscheidung und damit eine Endentscheidung im Sinn von § 38 FamFG dar.
3. Die Prüfung, ob auf die Anregung hin ein förmliches Verfahren eingeleitet wird, ist unter dem Registerzeichen "AR" (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 a) Bay AktO a.F.; ab 1.1.2023: § 11 Abs. 1 Nr. 1 BayAktO) durchzuführen.
Normenkette
BayAktO § 11 Abs. 1 Nr. 1; FamFG §§ 24, 38, 81
Verfahrensgang
AG Würzburg (Aktenzeichen 1 F 1905/22) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts Würzburg vom 28.11.2022 aufgehoben.
2. Gerichtskosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist der Vater des 9 Jahre alten Kindes C., das im Haushalt der Kindesmutter lebt. Sein Umgangsrecht mit dem Kind ist gerichtlich geregelt.
Mit Schreiben vom 28.10.2022 regte er an, zur Sicherstellung seines Umgangsrechtes einen Umgangspfleger zu bestellen. Denn als er am 28.10.2022 seine Tochter abholen wollte, habe diese ihm direkt und einstudiert erklärt, sie wolle heute nicht mitkommen und dann auf Knopfdruck geweint. Damit habe die Mutter nach einem Vorfall im Juli 2022 nunmehr zum zweiten Mal gegen den bestehenden Umgangsbeschluss verstoßen.
Das Familiengericht sah mit Beschluss vom 28.11.2022 von der Einleitung eines Umgangsverfahrens ab und entschied in Ziffer 2:
Die Kosten des Verfahrens trägt der Vater V.
Im Rahmen der Begründung wurde ausgeführt:
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Das Gericht hat dem Vater die Kosten allein auferlegt, weil der Umgang bereits durch drei Beschlüsse umfassend geregelt ist und Veranlassung für die Bestellung eines Umgangspflegers von vornherein nicht bestanden hat. Es erschiene unbillig, auch die Mutter mit Kosten zu belasten, obwohl die Einleitung eines Verfahrens durch das Gericht abgelehnt worden ist und die Mutter über den Antrag daher überhaupt nicht in Kenntnis gesetzt worden ist.
Der Kindesvater legte gegen die ihm am 20.12.2022 zugestellte Entscheidung mit Schreiben vom 22.12.2022, beim Familiengericht eingegangen am 27.12.2022, Beschwerde ein und führt aus, sein Antrag sei notwendig und sinnvoll gewesen, um den Kontakt zu seinem Kind wieder herzustellen. Dass das Verhalten der Mutter vom Gericht nun belohnt und diese vor Kosten geschützt werde, die ohne ihr rechtswidriges Handeln nie entstanden wären, sei grotesk. Die Gerichtskosten müssten daher allein der Antragsgegnerin und Verursacherin der entstandenen Gerichtskosten auferlegt werden.
II. Die am 28.11.2022 vom Familiengericht unter Ziffer 2 getroffene Kostenentscheidung stellt für den Kindsvater eine die Instanz beendende Entscheidung und damit eine Endentscheidung im Sinn von § 38 FamFG dar (Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Auflage, 2022, § 38 FamFG Rn. 3).
Die deswegen nach §§ 58 ff FamFG zulässige (Zöller/Feskorn, a.a.O., § 58 FamFG Rn. 5), insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der (Kosten-) Entscheidung.
Der "Antrag" im Schreiben des Vaters vom 28.10.2022 wurde vom Familiengericht zutreffend als bloße Anregung verstanden, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten (Zöller/Feskorn, a.a.O., § 24 FamFG Rn. 2).
Denn Umgangsverfahren nach §§ 1684, 1685 BGB sind Amtsverfahren. Weder aus dem materiellen Recht des BGB, noch aus den Regeln des FamFG ergibt sich, dass es zu deren Einleitung eines verfahrenseinleitenden Antrages im Sinne von § 23 Abs. 1 FamFG bedarf.
Das Gericht muss in diesen Fällen also kein förmliches Verfahren einleiten und folglich auch nicht über den gestellten "Antrag" entscheiden, wie sich aus der Regelung des § 24 FamFG ergibt, der vorgibt, wie das Gericht auf entsprechende Anregungen zu reagieren hat.
Wenn aber - wie vorliegend - kein Verfahren eingeleitet wird, dann ist auch keine Kostenentscheidung zu treffen. Denn mit der Anregung nach § 24 FamFG sind keine gesonderten Kosten und Gebühren verbunden (OLG Bamberg FamRZ 2021, 1539 mit Hinweis auf Keidel/Sternal, FamFG, 19. Auflage, 2017, § 24 Rn. 10).
§ 81 Abs. 1 Satz 3 FamFG, wonach in Familiensachen stets über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden ist, steht dem nicht entgegen, da gerade kein "Verfahren" vorliegt. Richtigerweise hätte das Amtsgericht die Prüfung, ob auf die Anregung hin ein förmliches Verfahren eingeleitet wird, unter dem Registerzeichen "AR" (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 a) BayAktO a.F.; ab 1.1.2023: § 11 Abs. 1 Nr. 1 BayAktO) durchführen müssen.
III. Die Entscheidung über die Koste...