Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Gespräche für die Entstehung einer Terminsgebühr
Leitsatz (amtlich)
1. Einseitige Gespräche nur einer Partei mit dem Gericht stellen keine Besprechung im Sinne von Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV-RVG dar. Erforderlich ist vielmehr stets die Beteiligung von zumindest zwei am Verfahren Beteiligten mit dem Ziel, im Rahmen der Besprechung eine Erledigung des Verfahrens herbeizuführen.
2. Ein Telefongespräch zwischen dem Verfahrensbevollmächtigten einer Partei und dem zuständigen Richter kann daher mangels Einbeziehung der Gegenseite keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG i.V.m. Vorb. 3 Abs. 3 VV-RVG auslösen.
Normenkette
VV-RVG Nr. 3104; VV-RVG Vorb. 3 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Obernburg a.M. (Aktenzeichen 3 F 71/23) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Abhilfebeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Obernburg a. Main vom 25.09.2023, Az. 3 F 73/21, aufgehoben.
Es verbleibt bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Obernburg a. Main vom 28.08.2023, nach dem die von der Antragsgegnerin an die Antragsteller gemäß § 104 ZPO nach dem Beschluss vom 18.04.2023 zu erstattenden Kosten auf 1.442,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.04.2023 festgesetzt werden.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung einer Terminsgebühr in einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
1. Die Antragsteller verlangten von der Antragsgegnerin, ihrer Schwiegertochter, die Rückzahlung eines hälftigen Darlehensbetrages in Höhe von 9.580,00 EUR. Nach Zustellung der Antragsschrift zahlte die Antragsgegnerin die Hauptforderung mit Eingang am 07.03.2023 auf das Konto der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller. Am 09.03.2023 führte der anwaltliche Vertreter der Antragsteller ein Telefonat mit dem zuständigen Richter am Amtsgericht. Gegenstand war dabei in Verbindung mit dem weiteren zwischen den Beteiligten geführten Verfahren 4 F 611/22 die Frage, wie beide Verfahren ohne die Tragung von Verfahrenskosten durch die Antragstellerseite beendet werden konnten. Mit Schriftsatz vom 10.03.2023 erklärten die Antragsteller daraufhin unter Bezugnahme auf das Telefonat das Verfahren in der Hauptsache für erledigt bis auf die geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten. Hinsichtlich dieser erweiterten sie den Antrag auf einen Freistellungsbetrag von 1.192,86 EUR. Dieser wurde am 13.03.2023 von der Antragsgegnerin an die Antragsteller erstattet, woraufhin die Antragsteller mit Schriftsatz vom gleichen Tag das Verfahren insgesamt für erledigt erklärten. Nachdem die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung nicht widersprach (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO), legte das Amtsgericht der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 18.04.2023 die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Verfahrenswert auf 9.580,00 EUR fest.
2. Mit Schriftsatz vom 19.04.2023 beantragten die Antragsteller die von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 2.319,65 EUR brutto festzusetzen. Hierin enthalten war eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG Vorb. 3 Abs. 3 in Höhe von 736,80 EUR netto.
Nachfolgend wendete sich die Antragsgegnerin gegen die Festsetzung der Terminsgebühr, da aufgrund der Erledigung der Hauptsache keine mündliche Verhandlung mehr vorgesehen gewesen sei. Auch sei im Zeitpunkt des Telefonats der Antragstellerseite mit dem Gericht am 09.03.2023 die Hauptsache aufgrund der am 07.03.2023 erfolgten Zahlung bereits erledigt gewesen. Hiergegen verwiesen die Antragsteller darauf, dass nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV-RVG auch ein Telefonat mit der zuständigen Gerichtsperson die Voraussetzungen einer auf Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung sei.
3. Mit Beschluss vom 28.08.2023 hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten zunächst auf 1.442,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.04.2023 unter Ablehnung des Anfalls einer Terminsgebühr festgesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Telefonats die Hauptforderung bereits bezahlt gewesen sei, so dass Gegenstand der Besprechung lediglich Angelegenheiten gewesen sein können, für die kein Streitwert festgesetzt worden sei.
Auf die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Amtsgericht zunächst eine dienstliche Stellungnahme des zuständigen Richters hinsichtlich des Telefongesprächs vom 09.03.2023 eingeholt. Auf die am 18.09.2023 abgegebene Stellungnahme, in welcher ein Telefongespräch betreffend die Frage der Kostentragung bestätigt wurde, wird Bezug genommen (Bl. 48 d.A.). Mit Beschluss vom 25.09.2023 hat die Rechtspflegerin daraufhin der sofortigen Beschwerde abgeholfen und die von der Antragsgegnerin zu erstattenden Kos...