Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbindung von Scheidungs- und Folgesachen mit Nichtfolgesachen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich kann nicht mit einer Scheidungssache verbunden werden, da es sich weder um eine Folgesache noch um eine Ehesache handelt und die Entscheidung nicht, wie es § 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FamFG verlangt, für den Fall der Scheidung getroffen wird.
2. Das Verbot der Verbindung von Ehesachen mit Nichtfolgesachen gemäß § 126 Abs. 2 FamFG umfasst auch die Verbindung einer nach § 140 Abs. 2 FamFG abgetrennten Folgesache mit einer Nichtfolgesache.
3. Die (hilfsweise) selbständige Geltendmachung eines Zahlungsanspruches aus unentgeltlicher ehebedingter Zuwendung im Rahmen der abgetrennten güterrechtlichen Folgesache durch den Zugewinnausgleichsgläubiger ist daher unzulässig.
4. Ein unzulässiger Verbindungsbeschluss ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 145 Abs. 1, 150 ZPO durch das Amtsgericht von Amts wegen wieder aufzuheben.
Normenkette
FamFG § 126 Abs. 2, § 137 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 140
Verfahrensgang
AG Aschaffenburg (Aktenzeichen 7 F 815/20) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschaffenburg vom 27.07.2023, Az. 7 F 850/18, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsgegner begehrt Verfahrenskostenhilfe für die hilfsweise Geltendmachung einer Forderung aufgrund ehebedingter unentgeltlicher Zuwendung im Rahmen einer güterrechtlichen abgetrennten Folgesache.
1. Im Rahmen eines von der Antragstellerin mit Antragsschrift vom 22.09.2017 eingeleiteten Verfahrens auf Ehescheidung (Az. 7 F 1325/17, Amtsgericht Aschaffenburg) machte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 26.04.2018 die Folgesache Güterrecht anhängig. Er beantragte im Wege des Stufenantrags, die Antragstellerin zur Auskunftserteilung und Zahlung eines noch zu beziffernden Zugewinnausgleichs zu verpflichten. Mit Beschluss vom 17.07.2018 bewilligte das Amtsgericht dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe, die auch die Folgesache Güterrecht umfasste.
Mit Schriftsatz vom 17.12.2018 bezifferte der Antragsgegner seine Forderung auf Zugewinnausgleich und beantragte, die Antragstellerin zur Zahlung von 20.000,00 EUR zu verpflichten. Nach Erstattung eines Sachverständigengutachtens zum Wert einer im Alleineigentum der Antragstellerin befindlichen Immobilie erhöhte der Antragsgegner seinen Zahlungsantrag mit Schriftsatz vom 17.07.2020 auf 55.179,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft der Scheidung.
Mit Schriftsatz vom 23.06.2020 beantragte die Antragstellerin im Verfahren 7 F 815/20 (AG Aschaffenburg) die vorzeitige Durchführung des Zugewinnausgleichs gemäß § 1386 BGB. Im Rahmen eines Widerantrags vom 15.09.2020 beantragte der Antragsgegner die Antragstellerin zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 55.180,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtskraft zu verpflichten.
Mit im Termin verkündeten Beschluss vom 21.09.2020 wurde im Verfahren wegen Ehescheidung 7 F 1325/17 die Folgesache Güterrecht abgetrennt und mit Endbeschluss vom gleichen Tag die Ehe der Beteiligten geschieden.
Mit Beschluss vom 27.10.2020 verband das Amtsgericht auf übereinstimmenden Antrag beider Beteiligter das Verfahren zum vorzeitigen Zugewinnausgleich (7 F 815/20) und die abgetrennte Folgesache Güterrecht (7 F 1325/17) zur gemeinsamen Entscheidung. Mit weiterem Beschluss vom 16.02.2021 bewilligte das Amtsgericht dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe für die zu diesem Zeitpunkt gestellten Anträge.
Mit Schriftsatz vom 19.03.2021 erklärte die Antragstellerin ihr Einverständnis mit der Erledigung des Verfahrens betreffend den vorzeitigen Zugewinnausgleich. Der Antragsgegner gab mit Schriftsatz vom 22.03.2021 eine entsprechende Erledigungserklärung ab.
Mit Schriftsatz vom 11.04.2022 beantragte der Antragsgegner die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auf einen beabsichtigten Hilfsantrag zu erstrecken. Für den Fall der Erfolgslosigkeit des geltend gemachten Anspruchs auf Zugewinnausgleich machte der Antragsgegner insoweit einen Anspruch in Höhe von 42.726,97 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen wegen ehebedingter unbenannter Zuwendungen geltend. Dem lagen mehrere Vorgänge in den Jahren 2016 und 2017 zugrunde, in denen nach der Behauptung des Antragsgegners ihm allein zustehende Vermögenswerte von der Antragstellerin vereinnahmt worden seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift Bezug genommen (Bl. 270 UH Güterrecht). Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 12.05.2022 die Zurückweisung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe.
2. Mit Beschluss vom 27.07.2023 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Aschaffenburg den Antrag des Antragsgegners auf Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf den Hilfsantrag vom 11.04.2023 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Geltendmachung schuldrechtlicher Rückabwi...