Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB kann nur eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich abgeändert werden.
2. Liegt eine solche Entscheidung oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich hinsichtlich Teile der elterlichen Sorge nicht vor, sondern ergibt sich das elterliche Sorgerecht aus dem Gesetz selbst, greift nicht § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern § 1671 Abs. 1 BGB. Damit greift § 1671 Abs. 1 BGB bei der erstmaligen Änderung des gesetzlichen Sorgerechts.
3. Wurde im Ausgangsverfahren ein Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB nur hinsichtlich einzelner Teilbereiche des Sorgerechts gestellt und dem Antrag entsprochen, so richtet sich ein nachfolgender, nun auf andere Teilbereiche des Sorgerechts gerichteter Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB.
4. Wurde die gemeinsame elterliche Sorge in einem Teilbereich abgeändert, gilt bei einem erneuten Abänderungsantrag § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB, für die übrigen Teilbereiche aber § 1671 BGB.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 1, § 1696 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Hof (Aktenzeichen 002 F 472/23) |
Tenor
1.Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 13.07.2023 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die Eltern des 15-jährigen Kindes K. Sie leben nicht nur vorübergehend getrennt. Die Scheidung erfolgte im Jahr 2020. K. lebte im Haushalt der Kindesmutter. Seit mehreren Jahren besteht kein Kontakt zum Kindesvater.
Der Antragsgegner und die Antragstellerin üben die elterliche Sorge aufgrund Sorgeerklärung gemeinsam aus. Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Auerbach vom 29.09.2017, Az.: 1 F 331/17, wurde der Antragstellerin die elterliche Sorge in den Teilbereichen Gesundheitsfürsorge und schulische Angelegenheiten allein übertragen. In diesem Verfahren hatte die Kindesmutter zunächst die Übertragung der gesamten elterlichen Sorge begehrt. Nachdem der Antragsgegner im Wege einer Vereinbarung sein Einverständnis mit der Übertragung der elterlichen Sorge betreffend Gesundheit und Schulangelegenheiten erklärt hatte, wurde lediglich ein Antrag auf Übertragung der Teilbereiche Gesundheits- und Schulangelegenheiten gestellt.
Im vorliegenden Verfahren beantragte die Antragstellerin erstinstanzlich die Übertragung der gesamten elterlichen Sorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts für K. auf sich. Zur Begründung trug sie vor, dass zwischen ihr und dem Kindsvater kein Kontakt bestünde, aber auch zwischen K. und seinen Vater seit mehreren Jahren kein Kontakt gegeben sei. K. wolle in den Haushalt seines Stiefvaters, Herrn E., wechseln, weil es im Haushalt der Kindesmutter derzeit zu Problemen komme. Der Kindesvater sei hiermit nicht einverstanden.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrags.
Er erklärte, dass er nicht wolle, das K. bei seinem Stiefvater lebe. K. solle entweder im Haushalt der Kindesmutter oder in einer Wohngruppe leben. Er selbst sei nicht bereit, die Verantwortung zu tragen, wenn K. in den Haushalt des Stiefvaters wechsle.
II. Mit Beschluss vom 13.07.2023 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Hof - nach Bestellung eines Verfahrensbeistandes, Anhörung des Kindes und der Eltern sowie des zuständigen Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Auerbach vom 29.09.2017, Az.: 1 F 331/17, die elterliche Sorge für K. auf die Antragstellerin allein übertragen.
Zur Begründung führte das Amtsgericht unter Bezugnahme auf §1696 Abs. 1 BGB aus, dass aus Kindeswohlgründen die gesamte elterliche Sorge allein auf die Mutter zu übertragen sei. Zwischen den Kindeseltern bestünde seit Jahren kein wirklicher Kontakt. Auch ein Kontakt zwischen dem Antragsgegner und K. sei nicht gegeben. Der Antragsgegner wisse derzeit nicht, welche Bedürfnisse K. habe und sei auch nicht zur Mitwirkung bereit. Die Wünsche des Kindes halte er für nicht relevant. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei deutlich geworden, dass zwischen den Eltern keine tragfähige Basis bestehe, die elterliche Sorge gemeinsam auszuüben. Die elterliche Sorge sei daher allein auf die Mutter zu übertragen.
Gegen diesen, ihm am 15.07.2023 zugestellten Beschluss, wendet sich der Antragsgegner mit einem am 08.08.2023 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben.
Er trägt vor, dass er sich in der Vergangenheit um einen Umgang mit K. bemüht habe. Außerdem habe sich die Kindesmutter selbst ambivalent hinsichtlich eines Aufenthalts von K. bei dessen Stiefvater gezeigt. Er beantragt weiter, die Aufhebung der ihn betreffenden Kosten.
Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie trägt vor, der Antragsgegner setze sich mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht auseinander. Die Entschei...