Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters vom 02.11.2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - S. vom 30.08.2023 (37 F32/22) wird zurückgewiesen.

2. Der Kindesvater hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. (im Folgenden: Kindesmutter) und der Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Kindesvater) sind geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, Y. W., geboren am 00.00.2012, und U. W., geboren am 00.00.2014.

Nach der Trennung der Eltern im Juli 2019 hat der Kindesvater in dem Verfahren 37 F 177/19 AG S. die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn begehrt. Im Termin vom 16.12.2019 haben die Eltern durch gerichtliche Elternvereinbarung die Durchführung des Wechselmodells vereinbart.

Im vorliegenden Verfahren haben die Kindeseltern erstinstanzlich wechselseitig die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragt.

Durch Beschluss vom 30.08.2023 hat das Amtsgericht nach Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen V. E. das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder auf die Kindesmutter übertragen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Einzelnen wird auf jenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kindesvater mit der Beschwerde. Er trägt vor:

Das Amtsgericht habe es verabsäumt, dem Kindesvater eine Stellungnahme zur letzten mündlichen Verhandlung zu ermöglichen und damit gegen Verfahrensrecht verstoßen. Außerdem habe das Amtsgericht bei der Beauftragung der Sachverständigen deren mangelnde fachliche Qualifikation nicht gewürdigt. Des Weiteren entspreche das Wechselmodell dem Wohl der Kinder am besten. Die bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten reichten nicht aus, um die elterliche Sorge im Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts aufzuheben zugunsten der Übertragung der Alleinsorge.

Der Kindesvater beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts S. vom 30.08.2023, Az. 37 F 32/22, zugestellt am 05.09.2023, dahingehend abzuändern, dass das Wechselmodell betreffend die Kinder Y. W. und U. W. angeordnet wird,

hilfsweise, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen und die Anträge der Antragstellerin zurück zu weisen.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht das gemeinsame Sorgerecht der Kindeseltern im Hinblick auf den Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts aufgehoben und dieses zur alleinigen Ausübung der Kindesmutter übertragen. Weder der Inhalt der Verfahrensakte noch das Beschwerdevorbringen geben Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

1. Die Beschwerde ist zunächst unbegründet, soweit der Kindesvater mit dem Hauptantrag die Aufrechterhaltung des Wechselmodells beantragt. Das vorliegende Verfahren ist ein Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB, bei der es um die Frage der Rechtszuständigkeit für die Bestimmung des Lebensmittelpunktes der Kinder, also das Aufenthaltsbestimmungsrecht geht. Das Amtsgericht hat dieses der Kindesmutter zur alleinigen Ausübung übertragen. Mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist jedoch nicht zugleich eine gerichtliche Entscheidung über das Residenzmodell und damit eine Entscheidung über ein Wechselmodell verbunden. Diese Entscheidung ist weder Gegenstand der Sorgeentscheidung, noch ist die Betreuung im Residenzmodell zwangsläufig mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts verbunden (BGH, Beschluss vom 19.01.2022 - XII ZA 12/21, juris).

Der mit der Beschwerde gestellte Hauptantrag auf Beibehaltung des Wechselmodells betrifft vielmehr eine Frage des Umgangsrechts nach § 1684 BGB. Da es vorliegend einen gerichtlich gebilligten Vergleich gemäß § 156 Abs. 2 FamFG über die Einrichtung eines Wechselmodells gibt, kann dieser nur im Rahmen eines Umgangsverfahrens bzw. hier in einem Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 1 BGB abgeändert oder beibehalten werden (BGH, Beschluss vom 19.01.2022 - XII ZA 12/21, juris). Die Frage, ob im Rahmen eines Sorgerechtsstreits erstmalig das Wechselmodell angeordnet werden kann (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.04.2022 - 1 UF 219/21, juris), stellt sich also vorliegend gerade nicht.

2. Die Beschwerde ist weiter unbegründet, soweit der Kindesvater hilfsweise die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich begehrt.

2.1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts im Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts gegeben sind, ist - wovon das Amtsgericht zutreffend ausgegangen ist - § 1671 A...

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