Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung. einstweilige Anordnung Ehewohnung. Beschwerde gegen die Ablehnung der Räumungsfrist nach Wohnungszuweisung im einstweiligen Anordnungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Beschwerde, die sich gegen die im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach ZPO § 620 S. 1 Nr. 7 getroffene Entscheidung über die Räumungsfrist richtet, ist unzulässig.

 

Normenkette

ZPO § 620 S. 1 Nr. 7, §§ 620c, 721 Abs. 6 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Aschaffenburg (Beschluss vom 14.12.1992; Aktenzeichen 20 F 483/91)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Aschaffenburg vom 14. Dezember 1992 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500,– DM festgesetzt.

4. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den seit 5.9.1974 verheirateten Parteien ist das Scheidungsverfahren anhängig. Nachdem die Parteien zunächst innerhalb der Ehewohnung (3-Zimmer-Sozialwohnung in Aschaffenburg) getrennt gelebt hatten, ist die Antragstellerin am 2. Oktober 1991 zu einem Bekannten nach Offenbach gezogen. Die Tochter der Parteien, …, geb. am …2.1975, blieb, da sie zu dieser Zeit die Abschlußklasse einer Wirtschaftsschule besuchte, in der Ehewohnung in Aschaffenburg. Die elterliche Sorge für sie wurde mit Beschluß vom 21.4.1992 im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer der Trennung der Antragstellerin übertragen. Auf ihren Antrag hin erließ das Familiengericht nach mündlicher Verhandlung am 17.8.1992 eine einstweilige Anordnung dahingehend, daß die Ehewohnung für die Trennungszeit der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zugewiesen wurde und der Antragsgegner die Wohnung zu räumen habe.

Mehreren Anträgen des Antragsgegners, ihm eine Räumungsfrist bis Ende Januar 1993 zu gewähren, wurde – jeweils ohne mündliche Verhandlung – mit Beschlüssen vom 30.9.1992 (Räumungsfrist bis 30.10.1992) und vom 11.11.1992 („letztmalige Verlängerung bis 15.12.1992”) teilweise stattgegeben. Ein unter Vorlage eines Mietvertrages vom 8.12.1992 gestellter weiterer Fristverlängerungsantrag (bis 30.1.1993) wurde unter Hinweis auf die beiden vorausgegangenen Beschlüsse mit Beschluß des Amtsgerichts – Familiengerichts – Aschaffenburg vom 14.12.1992 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners, mit der er weiterhin eine Verlängerung der Räumungsfrist bis 30.1.1993 erreichen will. Für das Beschwerdeverfahren beantragt er Prozeßkostenhilfe.

Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zu verwerfen, da sie unzulässig ist. In den Verfahren der einstweiligen Anordnung im Rahmen einer Ehesache findet gemäß § 620 c Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde nur statt, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges aufgrund mündlicher Verhandlung die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind geregelt, die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil angeordnet oder – was hier allein in Betracht kommen könnte – „die Ehewohnung einem Ehegatten ganz zugewiesen” hat. An diesen Voraussetzungen fehlt es in zweierlei Hinsicht: Erstens ist die angefochtene Entscheidung nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen und zweitens handelt es sich nicht um eine Entscheidung, mit der die Ehewohnung einem Ehegatten ganz zugewiesen wurde. Diese Entscheidung hatte das Amtsgericht bereits in dem vom Antragsgegner nicht angefochtenen Beschluß vom 17.8.1992 getroffen. Bloße Nebenentscheidungen, die im Verfahren der einstweiligen Anordnung im Rahmen der Zuweisung einer Ehewohnung getroffen werden, sind aufgrund § 620 c Satz 2 ZPO unanfechtbar (Albers in Baumbach u. a., Kommentar zur ZPO, 51. Aufl. Rdnr. 2 zu § 620 c ZPO; Thomas-Putzo, Kommentar zur ZPO, 17. Aufl. Anm. 1 b bb zu § 620 c ZPO; Gießler, vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, Rdnr. 179). Das gilt auch für Entscheidungen über eine Räumungsfrist (Gießler a.a.O.; Philippi in Zöller, Kommentar zur ZPO, 17. Aufl. Rdnr. 3 zu § 620 c ZPO und OLG Hamburg in FamRZ 83, 1151 f; zweifelnd allerdings Klauser in MünchKomm., Rdnr. 6 zu § 620 c ZPO). Schon der Wortlaut, aber auch der Sinn und Zweck des § 620 c ZPO sprechen gegen die Anfechtbarkeit einer bloßen Entscheidung über eine Räumungsfrist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Beschwerde keineswegs gegen alle Entscheidungen, die nach § 620 Satz 1 Nr. 7 ZPO hinsichtlich der Benutzung der Ehewohnung getroffen werden können, zulässig, sondern ausdrücklich auf den einen Fall beschränkt, daß die Ehewohnung einem Ehegatten ganz zugewiesen wird. Wie die Regelungen in § 620 c ZPO zeigen, sollen einstweilige Anordnungen grundsätzlich unanfechtbar sein, um eine zügige Erledigung des Eheverfahrens zu ermöglichen und Verzögerungen zu verhindern, die durch das Hin- und Hersenden de...

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