Entscheidungsstichwort (Thema)

Erneuter Antrag auf Änderung der gesetzlichen Sorgerechtsverhältnisse nach rechtskräftiger Zurückweisung eines vorangegangenen Sorgerechtsantrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine gerichtliche Anordnung kann auch in einer vorangegangenen Entscheidung gesehen werden, mit der der Antrag auf Änderung der gesetzlichen Sorgerechtsverhältnisse zurückgewiesen wurde

2. Es gibt keinen Grund, die Kontinuität der Lebens- und Erziehungsverhältnisse eines Kindes nur dann zu schützen, wenn die abzuändernde Entscheidung ihrerseits eine Veränderung des vorherigen Zustandes bewirkt hatte. Vielmehr muss § 1696 BGB seine Stabilisierungsfunktion auch dann entfalten, wenn mit dem neuen Antrag die Korrektur einer zuvor ablehnenden Entscheidung begehrt wird.

3. Aus Sicht des Kindes und der Antragsgegnerin macht es keinen Unterschied, ob die Kontinuität und Stabilität, auf die sie vertrauen wollen und dürfen, Folge einer positiven Entscheidung des Familiengerichts ist oder - wie hier - darauf beruht, dass ein Antrag des Vaters auf Änderung des Sorgerechts (hier: der Alleinsorge der Mutter nach § 1626a Abs. 3 BGB) durch gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen wurde.

 

Normenkette

BGB §§ 1626a, 1696 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Schweinfurt (Aktenzeichen 002 F 795/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schweinfurt vom 14.01.2022 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist der Vater des 7 Jahre alten, nichtehelich geborenen Kindes P., welches seit Geburt im Haushalt der allein sorgeberechtigten Mutter - der Antragsgegnerin - lebt. Zwischen Vater und Tochter besteht regelmäßiger Kontakt.

Mit Schriftsatz vom 13.09.2021 erklärte der Antragsteller, es gäbe keinen vernünftigen Grund, ein gemeinsames elterliches Sorgerecht abzulehnen. Sein Kontakt zu P. sei sehr gut. Beide pflegten ein sehr inniges Verhältnis. Sein Umgangsrecht sei gerichtlich geregelt. In enger Absprache mit der Antragsgegnerin nehme er den Umgang pünktlich und gewissenhaft war. Umgang erfolge auch während der Ferien. Die Verständigung der Eltern erfolge hierbei vorab jeweils per Mail oder Telefon. P. sei jetzt älter geworden und eingeschult. Er wolle aus diesem Grund mehr Verantwortung übernehmen und auch mehr am Leben des Kindes teilhaben. Auch gegenüber Ärzten wolle er ein Mitsprache- und Informationsrecht, da ihm das Wohl des Kindes sehr am Herzen liege. Weil er selber Medizin studiere, besitze er eine gewisse Fachkompetenz.

Der Antragsteller beantragte in erster Instanz:

Es wird für das Kind P., geb. ..., eine gemeinsam auszuübende elterliche Sorge des Antragstellers und der Antragsgegnerin angeordnet.

Die Antragsgegnerin beantragte Antragsabweisung und führte aus, dass die letzte Entscheidung des OLG Bamberg zur Sorge erst 7 Monate zurück liege. Der Antragsteller habe nicht dargetan, welche wesentlichen Änderungen sich in der Zwischenzeit ergeben haben sollten. Das OLG habe damals ausgeführt, dass für die Ausübung der gemeinsamen Sorge ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern vorliegen müsse, was vorliegend nicht der Fall sei.

Nach Anhörung der Eltern und des zuständigen Jugendamtes wies das Familiengericht den Antrag mit Beschluss vom 14.01.2022 kostenpflichtig zurück mit der Begründung, die Übertragung der elterlichen Sorge für das Kind P. auf den Antragsteller und die Antragsgegnerin gemeinsam würde dem Wohl des Kindes widersprechen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung vom 14.01.2022 verwiesen.

Der Antragsteller legte gegen die ihm am 21.01.2022 zugestellte Entscheidung mit Schriftsatz vom 26.01.2022, beim Familiengericht eingegangen am 26.01.2022, Beschwerde ein, mit der er seinen am 13.09.2021 gestellten Antrag weiter verfolgt.

Der Antragsteller erklärt, dass die Auffassung des Amtsgerichts, ihm gehe es nicht allein um das Wohl des gemeinsamen Kindes, nicht zutreffe. Auch führe er die Auseinandersetzung nicht wegen des Streits an sich. Vielmehr möchte er aktiv am Leben der gemeinsamen Tochter, die er abgöttisch liebe, teilnehmen und dieser beim Aufbau ihrer Zukunft helfen. Ohne Gewährung des beantragten Sorgerechts fühle er sich macht- und hilflos. Er wolle Verantwortung übernehmen und auch ein gewisses Mitspracherecht haben, was das Leben von P. betreffe. Der Entscheidung des Amtsgerichts könne explizit auch nicht genau entnommen werden, was im Einzelnen konkret gegen ein gemeinsames Sorgerecht spreche. Die Meinungsverschiedenheiten der Eltern seien nicht so gravierend. Auch müsse es keine völlige Übereinstimmung zwischen den Eltern geben. Es genüge, dass die Eltern miteinander über P. reden können.

Die Antragsgegnerin verteidigt die vom Familiengericht getroffene Entscheidung und beantragt die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde.

Der Senat erholte eine ergänzende Stellungnahme des zuständigen Jugen...

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