Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Einigungsgebühr für beigeordneten VKH-Anwalt bei Mehrvergleich
Leitsatz (amtlich)
1. Durch das KostRÄG vom 21.12.2020 wurde die Nichtherabsetzung des Gebührensatzes in der Anmerkung Abs. 1 Satz 1 2. Hs. zu Nr. 1003 VV-RVG auf die Fälle der Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 1 RVG ausgeweitet.
2. Mit der Rückausnahme nach der Anmerkung Abs. 1 Satz 1 2. Hs. zu Nr. 1003 VV-RVG in der Fassung seit 01.01.2021 verbleibt es deshalb bei der 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV-RVG, wenn sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrages im Sinne der Nummer 1000 VV-RVG erstreckt (§ 48 Abs. 1 und Abs. 3 RVG).
Normenkette
RVG § 48 Abs. 1, 3; VV-RVG Ziff. 1000; VV-RVG Ziff. 1003
Verfahrensgang
AG Obernburg a.M. (Aktenzeichen 1 F 128/21) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Obernburg a. Main vom 20.05.2022, Az. 1 F 128/21, abgeändert und die Rechtsanwältin Y aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf 1.339,75 Euro festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. In dem Verfahren wegen Trennungsunterhalt und rückständigem Kindesunterhalt vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Obernburg a. Main, Az. 1 F 128/21, wurde der Antragstellerin mit Beschluss vom 16.05.2021 Verfahrenskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwältin Y als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.
1. Im Termin vor dem Amtsgericht am 07.07.2021 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sich der Antragsgegner bei Aufhebung der Verfahrenskosten zur Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt in Höhe von 300,00 Euro ab dem 01.08.2021 sowie zur Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 300,00 Euro für die Dauer von vier Jahren ab Rechtskraft der Scheidung der Beteiligten verpflichtete. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der verfahrensbeendigenden Vereinbarung wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen (Bl. 113 d.A.). Mit Beschluss vom 07.07.2021 setzte das Amtsgericht den Verfahrenswert auf 12.015,00 Euro fest und stellte einen überschießenden Vergleichswert von 3.600,00 Euro fest. Mit weiterem Beschluss vom 12.07.2021 (Bl. 29 UH VKH) erstreckte das Amtsgericht die der Antragstellerin bewilligte Verfahrenskostenhilfe antragsgemäß auch auf den Vergleich der Beteiligten vom 07.07.2021.
2. Mit Schriftsatz vom 03.08.2021 beantragte die Antragstellervertreterin, die aus der Staatskasse zu erstattende Verfahrenskostenhilfevergütung auf insgesamt 1.339,75 Euro festzusetzen. Sie brachte dabei folgende Gebühren im Rahmen der VKH-Vergütung in Ansatz:
1,3 Verfahrensgebühr (Wert 12.015,00 Euro): 460,20 Euro
0,8 Differenzverfahrensgebühr (Wert: 3.600,00 Euro): 222,40 Euro
Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG: ./. 202,90 Euro
1,2 Terminsgebühr (Wert: 15.615,00 Euro): 442,80 Euro
1,0 Einigungsgebühr (Wert 12.015,00 Euro): 354,00 Euro
1,5 Einigungsgebühr (Wert 3.600,00 Euro): 417,00 Euro
Kürzung nach § 15 Abs. 3 RVG: ./. 217,50 Euro
Fahrtkosten PKW (Nr. 7003 VV-RVG): 17,64 Euro
Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV-RVG): 30,00 Euro
Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV-RVG): 20,00 Euro
Netto gesamt: 1.543,64 Euro
19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG): 293,29 Euro
erhaltene Zahlung Landesjustizkasse: ./. 497,18 Euro
Rechnungsbetrag: 1.339,75 Euro
Mit Beschluss vom 12.08.2021 setzte die zuständige Rechtspflegerin beim Amtsgericht Obernburg a. Main die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung auf 1.120,20 Euro fest. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass bei einem Mehrvergleich die Einigungsgebühr nur aus Nr. 1003, 1000 VV-RVG mit 1,0 aus dem zusammengerechneten Verfahrenswert von 15.615 Euro anfalle und damit 369,00 Euro betrage, während eine gesonderte 1,5 Einigungsgebühr aus dem überschießenden Verfahrenswert von 3.600,00 Euro nicht anzurechnen sei.
3. Gegen diesen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 31.08.2021 zugestellten Beschluss legte die Verfahrensbevollmächtigte mit taggleich eingegangenem Schriftsatz vom 01.09.2021 im eigenen Namen Erinnerung ein. Nach ihrer Auffassung kommt die Ermäßigung der Einigungsgebühr auf 1,0 nach Nr. 1003 VV-RVG nicht zum Tragen, wenn eine Vereinbarung im Sinne von Nr. 1000 VV-RVG im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren geschlossen werde. Dieses sei mit der gesetzlichen Neufassung von Nr. 1003 VV-RVG und dem dortigen Verweis auf einen Vertrag nach Nr. 1000 VV-RVG klargestellt worden.
Das Amtsgericht hat der Erinnerung der Beschwerdeführerin mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 02.09.2021 nicht abgeholfen und die Akten zunächst unmittelbar dem Senat als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss des Einzelrichters beim Senat vom 13.09.2021 hat dieser die Entscheidung zur Vorlage gemäß Ziffer 2 des Beschlusses vom 02.09.2021 aufgehoben und das Verfahren zur Entscheidung über die Erinnerung an das Amtsgericht Obernburg am Ma...