Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsbeschränkung auf Rechtsfolgenausspruch bei Beleidigung eines Polizeibeamten
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Verurteilung wegen Beleidigung eines Polizeibeamten setzt die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch über Feststellungen zur Tatzeit, Tatort und zum Inhalt der beleidigenden Äußerung Mindestfeststellungen dazu voraus, ob die Beschimpfung im Zusammenhang mit dessen Dienstausübung erfolgte oder der Beamte als Privatperson beleidigt wurde. Ist die Beleidigung im Rahmen der Dienstausübung des Beamten erfolgt, sind regelmäßig weitere Feststellungen zum Vortatgeschehen und den Beweggründen des Täters, zur polizeilichen Maßnahmerichtung, ihrem Anlass und Ablauf sowie gegebenenfalls zur Rechtmäßigkeit der Diensthandlung unverzichtbar (Anschluss an OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.10.2007 - 2 St OLG Ss 160/07 [bei [...]]; Festhaltung u.a. an OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12.2012 - 3 Ss 136/12 = OLGSt StPO § 318 Nr. 20 = BA 50 [2013], 88 f. = VerkMitt 2013 Nr 36 = zfs 2013, 589 f. sowie zuletzt OLG Bamberg, Urteil vom 25.06.2013 - 3 Ss 36/13 = DAR 2013, 585 ff. = OLGSt StVG § 21 Nr. 10).
Tatbestand
Zum Sachverhalt:
Das AG hat den Angekl. wegen Beleidigung in 2 Fällen zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten, gebildet aus Einzelfreiheitsstrafen von 3 und 4 Monaten, verurteilt. Auf die Berufung des Angekl., die er in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der StA auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, hat das LG die Berufung "mit der Maßgabe verworfen, dass die" - aus (neuen) Einzelfreiheitsstrafen von 3 und 2 Monaten gebildete - "Gesamtfreiheitsstrafe auf 4 Monate reduziert wird." Gegen dieses Urteil wendet sich der Angekl. mit seiner Revision, die er mit der (unausgeführten) Sachrüge begründet. Das Rechtsmittel erweist sich als teilweise begründet.
Entscheidungsgründe
I. Die statthafte (§ 333 StPO) sowie form- und fristgerecht eingelegte Revision ist teilweise begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang. Denn das LG hat - wie die GenStA in ihrer Antragsschrift in Übereinstimmung mit der st.Rspr. des Senats zutreffend ausführt - hinsichtlich der ersten materiell-rechtlich wie verfahrensrechtlich selbständigen Tat des Angekl. vom "02.03.2013 gegen 2:45 Uhr", nämlich der Beschimpfung des Zeugen und Polizeibeamten PHM S., zu Unrecht die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung des Angekl. auf den Rechtsfolgenausspruch angenommen hat, weshalb es insoweit über den Verfahrensgegenstand nur unvollständig entschieden hat.
1. Auf die Sachrüge überprüft das Revisionsgericht im Rahmen einer zulässigen Revision nicht nur, ob das materielle Recht rechtsfehlerfrei auf den Urteilssachverhalt angewendet worden ist, sondern darüber hinaus von Amts wegen auch, ob Prozessvoraussetzungen gegeben sind oder Prozesshindernisse entgegenstehen. Im Rahmen dieser Prüfung ist seitens des Revisionsgerichts von Amts wegen auch festzustellen, ob das Berufungsgericht zu Recht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung nach § 318 StPO ausgegangen ist. Denn die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung ist eine Frage der Teilrechtskraft. Bei einer Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß umfasst diese Prüfung deshalb auch, ob der vom AG festgestellt Sachverhalt in Hinsicht auf die Rechtsfolgen tragfähig ist oder sich als lückenhaft erweist (vgl. aus der neueren Rspr. u.a. OLG München zfs 2012, 472 f., OLG Koblenz NZV 2013, 411 f. und OLG Dresden NStZ-RR 2012, 289 f.).
2. Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nur dann wirksam, wenn die Schuldfeststellungen eine hinreichende Grundlage für die Strafzumessung ergeben. Dies ist nicht der Fall, wenn die getroffenen Feststellungen den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und deshalb keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Berufungsgerichts sein können (BGHSt 33, 59; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 298 f.; BayObLGSt 1994, 98/100; OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 178; OLG München zfs 2008, 532 ff. = DAR 2008, 533; OLG Hamburg, Beschluss vom 15.03.2012 - 2 - 70/11 [bei [...]]; Senatsbeschluss vom 20.12.2012 - 3 Ss 136/12 = OLGSt StPO § 318 Nr. 20 = BA 50 [2013], 88 f. = VerkMitt 2013, Nr. 36 = zfs 2013, 589 f. [Trunkenheit im Verkehr] sowie zuletzt Senatsurteil vom 25.06.2013 - 3 Ss 36/13 = DAR 2013, 585 ff. [Fahren ohne Fahrerlaubnis]; vgl. auch OLG Bamberg OLGSt StPO § 318 Nr. 21 und wistra 2013, 117 f., jeweils m.w.N.; aus der Kommentarliteratur Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 318 Rn. 17 f.; KK/Paul StPO 7. Aufl. § 318 Rn. 7a und LR/Gössel StPO 26. Aufl. § 318 Rn. 48 ff.).
a) Das AG hat hinsichtlich der ersten Tat neben der form- und fristgerechten Strafantragstellung nur festgestellt, dass der Angekl. "am 02.03.2013 gegen 2:45 Uhr [...] in D., C-Straße den Polizeibeamten S." als "Wichser" beschimpfte, "um seine Missachtung auszudrücken". Aus den Darlegungen des AG im Rahmen seiner Beweiswürdigung und den S...