Entscheidungsstichwort (Thema)
Urkundenvorlagepflicht Dritter im Rahmen des Bankgeheimnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, sind zur Verweigerung des Zeugnisses und einer Urkundenvorlage in Betreff der Tatsachen berechtigt, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht. Bezüglich des Bankgeheimnisses bezieht sich dies auf kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlass bzw. im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind und die der Kunde geheim zuhalten wünscht.
2. Sind die Inhalte der Urkunde im Verfahren bereits bekannt und will ein Beteiligter mit der Vorlageverpflichtung ein Beweismittel erlangen, um seine Behauptung der Urkundenfälschung einem Sachverständigenbeweis zugänglich zu machen, kann sich der Dritte der Vorlagepflicht nicht mit dem Hinweis auf das Bankgeheimnis entziehen.
3. Bei der Unterschrift des Bürgen auf einer Bürgschaftsurkunde bezüglich eines Darlehensrückzahlungsanspruches handelt es sich nicht um eine Tatsache mit Bezug auf den Darlehensnehmer als Kunden des darlehensgebenden Kreditinstituts.
Normenkette
FamFG § 30; ZPO §§ 142, 383 Abs. 1 Nr. 6, § 428
Verfahrensgang
AG Kulmbach (Aktenzeichen 001 F 59/18) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Zwischenbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kulmbach vom 15.06.2021, Az. 001 F 59/18, dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass die Y- Bausparkasse AG nicht berechtigt ist, die Vorlage der Originale der Bürgschaftsurkunde und der Eigentümererklärung vom 03.02.2011, jeweils Vertragsnummer ..., zu verweigern.
2. Die Y- Bausparkasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich gegen einen Beschluss, mit welchem die Weigerung der Y-Bausparkasse AG zur Vorlage von Originalurkunden für eine von ihm beantragte Durchführung einer Schriftsachverständigenbegutachtung über die Echtheit seiner auf den Urkunden befindlichen Unterschriften für berechtigt erklärt worden ist.
Der angegriffene Beschluss ist in der Folgesache Versorgungsausgleich im vorliegenden Ehescheidungsverfahren des Amtsgerichts Kulmbach ergangen. Die beteiligten Ehegatten sind gemeinsam mit der Mutter des Antragsgegners Miteigentümer des Anwesens ....
Der Antragsgegner beantragt, von der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG abzusehen. Die Antragstellerin habe unberechtigt die Unterschriften des Antragsgegners auf einer Bürgschaftsurkunde und Eigentümererklärung vom 03.02.2011 angebracht. Hiervon habe er erstmals erfahren, als die Y-Bausparkasse AG ihn mit Schreiben vom 08.03.2019 auf Zahlung von rund 19.500,00 EUR für ein Darlehen des volljährigen Sohnes der Beteiligten in Anspruch genommen habe. Zur Abwendung der Vollstreckung in das gemeinschaftliche Haus habe er 13.000,00 EUR bezahlt. Die ihm von der Bausparkasse überlassenen Kopien der Erklärungen vom 03.02.2011 legte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 21.10.2019 vor.
Zum Beweis der behaupteten Fälschung der Unterschriften des Antragsgegners durch die Antragstellerin beantragt der Antragsgegner die Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens sowie die Verpflichtung der Y-Bausparkasse AG, die Original-Urkunden der Bürgschaftserklärung und Eigentümererklärung vom 03.02.2011 zu diesem Zweck vorzulegen. Das diesbezügliche Einverständnis der Mutter des Antragsgegners als nicht am Verfahren beteiligter Person hatte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners der Bausparkasse mit Schreiben vom 14.04.2021 unter Vollmachtsvorlage mitgeteilt.
Die Y-Bausparkasse AG verweigerte zuletzt mit Schreiben vom 01.06.2021 die Vorlage der genannten Original-Urkunden unter Bezugnahme auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, da die Unterlagen ein Darlehensverhältnis zwischen ihr und einer dritten, am gerichtlichen Verfahren nicht beteiligten Person beträfen, welche ihr ausdrücklich die Herausgabe der Unterlagen untersagt habe. Der Antrag ziele auf die Erlangung von vermeintlichen Beweismitteln ab. Dem stehe das Bankgeheimnis entgegen.
Der Antragsgegner hält die Weigerung für unberechtigt. Der Umstand, dass dem Sohn der Beteiligten als Dritten ein Darlehen der Bausparkasse gewährt wurde, sei bereits gerichtsbekannt und bedürfe keiner Geheimhaltung mehr. Ob die Unterschriften des Antragsgegners auf den Erklärungen vom 03.02.2011 echt seien, sei keine Tatsache, auf die sich die Verschwiegenheitspflicht der Bausparkasse beziehen könne.
Das Amtsgericht hat mit Zwischenbeschluss vom 15.06.2021 den Antrag des Antragsgegners zurückgewiesen. Es hält die Weigerung der Bausparkasse, die Originale der Erklärungen vom 03.02.2011 vorzulegen, auf Grundlage von §§ 113 Abs. 1 S. 1 FamFG, 142 Abs. 2, 428, 371...