Verfahrensgang
AG Gemünden am Main (Beschluss vom 12.07.2007; Aktenzeichen 251 UR II 80/07) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Vertreter der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Gemünden vom 12.7.2007 wird zurückgewiesen.
II. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
Gegenstand der (zugelassenen) Beschwerde ist die Frage, ob sich die in RVG VV 7002 angesprochenen Auslagen für Post und Telekommunikation aus den Gebühren der Beratungshilfe oder aus (fiktiven) Wahlanwaltsgebühren berechnen.
Der Senat nimmt ersteres an.
Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird zunächst Bezug genommen.
Nach RVG-VV 7002 erhält der Rechtsanwalt im Beratungshilfeverfahren 20 % "der Gebühren", höchstens 20 EUR. Bereits bei natürlichem Verständnis des Wortlauts der Vorschrift sind die Gebühren angesprochen, die dem Anwalt (nach RVG-VV 2501 ff.) zustehen und nicht fiktive Wahlanwaltsgebühren (so auch Hansens JurBüro 2007, 401 und RVGreport 2007, 133).
Rechtfertigende Gründe, dem in der Beratungshilfe tätigen Rechtsanwalt neben der Beratungsgebühr ohne Nachweis eine Auslagenpauschale von 20 EUR zuzubilligen - sofern die fiktiven Wahlanwaltsgebühren mehr als 100 EUR betragen würden - sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann dies nicht mit dem Verweis auf die Gleichstellung mit dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt geschehen, weil aufgrund der unterschiedlichen Gebührenhöhen eine Gleichstellung nicht angezeigt ist. Dem in der Beratungshilfe tätigen Rechtsanwalt bleibt es unbenommen, seine Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen nach RVG-VV 7001 geltend zu machen (der Senat folgt OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.10.2006, I-10 W 90/06, eingestellt in die Juris - Datenbank).
Für diese Auffassung spricht auch die bereits erwähnte Formulierung in RVG-VV 7002, die auf "Gebühren" und nicht auf "gesetzliche Gebühren" (vgl. § 26 BRAGO) abstellt. Diese Formulierung spricht dafür, dass eine Anbindung an die im konkreten Fall angefallenen Gebühren gewollt ist. Auch ist zu bedenken, dass der in der Beratungshilfe tätige Rechtsanwalt keine Gebühren verdient, die anhand der Wahlanwaltstabelle errechnet werden könnten, so dass es nahe liegt, die Auslagenpauschale aufgrund der Festbetragsgebühren zu berechnen (OLG Düsseldorf, a.a.O., unter Verweis auf Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG 17. Aufl., VV 7001, 7002 Rz. 34; vgl. auch Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., VV Teil 7, Rz. 15 - Orientierung an den entstehenden Anwaltsgebühren - und Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG - Kompaktkommentar 2004, S. 698 unter 2.2.2. - Orientierung an den tatsächlich entstandenen Gebühren). Hierdurch wird der Aufwand, der mit einer Bestimmung der hypothetischen Wahlanwaltsgebühren in der Praxis verbunden ist, vermieden.
Den Erwägungen des OLG Nürnberg (5 W 1943/06, Beschluss vom 7.11.2006) folgt der Senat nicht. Das OLG Nürnberg stellt insbesondere darauf ab, dass § 133 S. 2 BRAGO in der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (anders als weitere Vorschriften der BRAGO) nicht erwähnt ist. Daraus sei zu schließen, dass der Gesetzgeber bewusst auf die Übernahme dieser Vorschrift verzichtet habe und die Berechnung der Auslagen an der Normalgebühr orientieren wollte. Diese Auffassung erscheint dem Senat nicht zwingend, weil § 26 BRAGO den Pauschsatz an die gesetzlichen Gebühren gebunden hatte und deshalb eine Klarstellung in § 133 S. 2 BRAGO erforderlich gewesen ist. Dies ist nicht mehr notwendig, weil das RVG lediglich auf die "Gebühren" abstellt, was dafür spricht, dass die tatsächlich anfallenden Gebühren gemeint sind.
Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2, 3 RVG.
Fundstellen
Haufe-Index 1872524 |
JurBüro 2007, 645 |
OLGR-Süd 2008, 199 |