Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH-Antrag und Hauptsacheantrag vor verschiedenen Gerichten

 

Normenkette

RVG § 16 Nrn. 2-3, § 23 Abs. 3 S. 1; RVG-VV a.F. Nrn. 2400-2401

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Beschluss vom 07.05.2015; Aktenzeichen 2 U 2/14)

OLG Bamberg (Beschluss vom 18.03.2015; Aktenzeichen 2 U 2/14)

LG Bamberg (Urteil vom 06.08.2014; Aktenzeichen 1 O 576/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Bamberg vom 6.8.2014 abgeändert.

Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten 4.292,98 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit 24.8.2013 zu bezahlen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Bamberg vom 6.8.2014 wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.375,56 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers und Widerbeklagten ist nicht begründet. Die Berufung des Beklagten und Widerklägers ist überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Rechtsanwaltsvergütung aus § 812 Abs. 1, Satz 1, Alt. 1 BGB.

Der Beklagte hat gegen den Kläger Anspruch auf Zahlung weiterer Rechtsanwaltsvergütung aus § 612 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem RVG i.H.v. insgesamt 4.292,98 EUR.

Hinsichtlich der mit Rechnung Nr. xx1 abgerechneten Vertretung im Termin vor dem AG A. am 9.7.2010 ergibt sich der Vergütungsanspruch aus der Vereinbarung der Parteien vom 9.7.2010 (Anlage 2).

Die Bestimmungen des RVG sind, da die Auftragserteilung jedenfalls vor dem 1.8.2013 erfolgte, in der vor dem In-Kraft-Treten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden Fassung anzuwenden (§ 60 Abs. 1 RVG).

Im Einzelnen sind die Forderungen aus den Rechnungen in folgender Höhe begründet:

1. Rechnung Nr. xx2 vom 19.7.2010 (Vertretung im Verfahren vor dem AG B., xxxx/09, Anlage K1)

Die Vergütungsforderung als solche aus der Tätigkeit des Beklagten im Verfahren vor dem AG B., Az.: xxxx/09 ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

Das LG hat, der Auffassung des Klägers folgend, auf die Vergütungsforderung gem. §§ 15, 16 RVG einen Betrag i.H.v. 697,34 EUR - die Verfahrensgebühr aus dem Verfahren vor dem AG S., Az.: zzzz/09 - angerechnet. Dies hat das LG damit begründet, dass es sich bei dem PKH-Verfahren Trennungsunterhalt vor dem AG S. und dem letztendlich vor dem AG B. durchgeführten Hauptsacheverfahren Trennungsunterhalt um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 2 RVG handele. Danach seien das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt wurde, dieselbe Angelegenheit. Da der Beklagte mit Rechnung Nr. xx3 bereits eine 1,0 Verfahrensgebühr für das PKH-Verfahren bei dem AG S. abgerechnet habe, müsse sich der Beklagte diese für die vorliegende Rechnung mindernd anrechnen lassen. Jedenfalls liege ein Fall der Anrechnung nach § 16 Nr. 3 RVG vor.

Dem kann nicht gefolgt werden.

Gemäß § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Dieselbe Angelegenheit sind das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist (§ 16 Nr. 2 RVG). Daher stellen das PKH-Verfahren und das dazugehörige Hauptsacheverfahren, also das Verfahren, für das die PKH beantragt worden ist, eine Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 2 RVG dar (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG. 20. Aufl., § 16 RVG Rz. 7; Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 16 Rz. 7).

Danach handelt es sich bei dem Verfahren auf Trennungsunterhalt bei dem AG B. (xxxx/09) und dem PKH-Verfahren vor dem AG S. (zzzz/09) nicht um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 16 Nr. 2 RVG. Das Verfahren vor dem AG S. wurde nicht an das AG B. verwiesen; es endete mit der Ablehnung von PKH mit Beschluss vom 8.9.2009. Das vor dem AG B. geführte Hauptsacheverfahren auf Trennungsunterhalt, Az.: xxxx/09 ist nicht das Verfahren, für das die PKH beantragt worden ist, sondern ein anderes Verfahren. Die Voraussetzungen für die Anrechnung der im Verfahren des AG S. entstandenen Verfahrensgebühr auf die im Verfahren vor dem AG B. entstandenen Gebühren liegen daher nicht vor.

Es liegt auch kein Fall der Anrechnung nach § 16 Nr. 3 RVG vor. Nach § 16 Nr. 3 RVG stellen mehrere PKH-Verfahren in demselben Rechtszug dieselbe Angelegenheit dar. Die Anwendung der Vorschrift setzt mehrere PKH-Verfahren in demselben Rechtszug voraus (z.B. solche zur Bewilligung, Änderung und Aufhebung der Bewilligung). Wird aber PKH für zwei Verfahren beantragt, die jedes für sich eine selbständige Angelegenheit sind, so sind auch zwei Antragsverfahren gegeben, die zweimal die Gebühr gemäß RVG-VV 3335 auslösen (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, ...

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