Leitsatz (amtlich)

Die durch den Versicherungsnehmer ausgesprochene Kündigung eines privaten Krankenversicherungsvertrags, der die Versicherungspflicht aus § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, wird, wenn der Nachversicherungsnachweis erst nach Ablauf der Kündigungsfrist vorgelegt wird, erst mit der Vorlage dieses Nachweises wirksam (Anschluss an OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.11.2011 - 12 U 101/11).

 

Normenkette

VVG § 193 Abs. 3 S. 1, § 205 Abs. 6

 

Verfahrensgang

LG Hof (Urteil vom 12.12.2011; Aktenzeichen 32 O 350/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Hof vom 12.12.2011 - 32 O 350/11, die Nebenforderung betreffend abgeändert und in Ziff. I. neu gefasst wie folgt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.120,64 EUR nebst Säumniszuschlägen i.H.v. 10,77 EUR sowie Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

  • aus 1.417,96 EUR vom 2.4.2010 bis 1.5.2010,
  • aus 1.999,21 EUR vom 2.5.2010 bis 1.6.2010,
  • aus 2.580,46 EUR vom 2.6.2010 bis 1.7.2010,
  • aus 3.170,49 EUR vom 2.7.2010 bis 1.8.2010,
  • aus 3.760,52 EUR vom 2.8.2010 bis 1.9.2010,
  • aus 4.350,55 EUR vom 2.9.2010 bis 1.10.2010,
  • aus 4.940,58 EUR vom 2.10.2010 bis 1.11.2010,
  • aus 5.530,61 EUR vom 2.11.2010 bis 1.12.2010 und
  • aus 6.120,64 EUR seit dem 2.12.2010 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird beschränkt auf den Anspruchsgrund und hierbei auf die gegen diesen gerichtete Rechtsverteidigung des Beklagten, die sich auf die Kündigung vom 2.6.2009 stützt, zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen den Beklagten rückständige Beiträge und Säumniszuschläge aus einem privaten Krankenversicherungsvertrag geltend.

Zwischen den Parteien bestand seit Anfang 2004 ein privater Krankheitskostenvollversicherungsvertrag sowie ein - hier nicht streitgegenständlicher - privater Pflegeversicherungsvertrag. Die Beiträge von Januar 2009 bis einschließlich Januar 2010 zahlte der Beklagte erst aufgrund eines anderweitigen gerichtlichen Verfahrens, die Beiträge von Februar bis Dezember 2010 sind Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Prämie für Februar 2010 betrug 359,12 EUR, ab der Überführung in den Basistarif nach einjährigem Ruhen der Versicherungsleistungen wegen Nichtzahlung der Prämien per 15.3.2010 monatlich 581,25 EUR und ab 1.7.2010 monatlich 590,03 EUR. Rein rechnerisch beläuft sich der Prämienrückstand für die elf Monate mithin auf 6.120,64 EUR.

Mit Fax vom 2.6.2009 erhielt der Kläger ein auf den 16.8.2008 datiertes Schreiben des Beklagten, mit dem dieser die Kündigung des Krankenversicherungsvertrags zum 31.12.2008, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin, erklärte. Der Kläger wies den Beklagten mit Schreiben vom 2.7.2009 darauf hin, dass dieser bis 30.9.2009 zum Ende des Jahres 2009 kündigen könne, wenn er den Nachweis einer Krankheitskostenvollversicherung bei einem anderen Versicherer vorlege. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 29.9.2010 zum 31.12.2010 erneut die Kündigung, legte den Nachversicherungsnachweis über den seit 1.1.2009 bei einem anderen Krankenversicherer bestehenden Versicherungsschutz (Anlage B 1) aber erst im Januar 2011 vor.

Der Kläger ist der Auffassung, der Krankenversicherungsvertrag habe jedenfalls bis zum 31.12.2010 bestanden. Die vom Beklagten behauptete Übersendung des Kündigungsschreibens vom 16.8.2008 bereits mit Fax vom 27.8.2008 werde bestritten. Dieses Fax sei ihm, dem Kläger, nicht zugegangen. Die späteren Kündigungserklärungen hätten erst im Zeitpunkt der Vorlage des Nachversicherungsnachweises Wirksamkeit erlangt.

Der Kläger hat daher erstinstanzlich folgenden Antrag gestellt:

Die beklagte Partei wird verurteilt, an den Kläger 6.120,64 EUR zzgl. Säumniszuschläge gem. § 193 Abs. 6 Satz 8 VVG i.H.v. EUR 715,89 und weiteren EUR 2,04 pro angefangenem Tag seit 30.6.2011 zu zahlen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, der Zugang des Faxes vom 27.8.2008 beim Kläger stehe aufgrund des OK-Vermerks auf dem Sendeprotokoll des Faxes fest. Jedenfalls aber habe die Kündigung mit Fax vom 2.6.2009 zu einer Vertragsbeendigung zum 31.12.2009 geführt.

Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Vertrag sei erst mit Vorlage des Nachversicherungsnachweises wirksam beendet worden. Der Zugang der Kündigung vom 16.8.2008 sei nicht nachgewiesen. Das Fax-Sendeprotokoll mit dem OK-Vermerk sowie der für die Fax-Versendung benannte Zeuge seien zum Beweis nicht geeignet. Die später zugehenden Kündigungen seien erst zu dem Zeitpunkt wirksam geworden, als der Nachversicherungsnachweis, zu dessen Vorlage der Beklagte seit 1.1.2009 gem...

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