Leitsatz (amtlich)

Ist die Kündigung eines die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllenden privaten Krankenversicherungsvertrags gem. § 205 Abs. 6 VVG wirksam geworden, so führt der spätere Wegfall der Anschlussversicherung durch Rücktritt des neuen Versicherers nicht zum Wiederaufleben des ursprünglichen Versicherungsvertrags.

 

Normenkette

VVG § 193 Abs. 3 S. 1, Abs. 5, § 205 Abs. 6

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Urteil vom 09.10.2012; Aktenzeichen 22 O 332/12)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Coburg vom 9.10.2012 - 22 O 332/12, gem. § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 19.522,27 EUR festzusetzen.

2. Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu besteht bis einschließlich 20.12.2012.

 

Gründe

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Berufung des Klägers offensichtlich i.S.d. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO die Erfolgsaussicht fehlt und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Coburg vom 9.10.2012 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO weist der Senat den Kläger auf die beabsichtigte Entscheidung hin und gibt gleichzeitig hierzu sowie zum Berufungsstreitwert Gelegenheit zur Stellungnahme.

I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die von ihm bei der Beklagten genommene private Kranken- und Pflegeversicherung fortbesteht.

Zwischen den Parteien bestand ein privater Kranken- und Pflegeversicherungsvertrag (Monatsbeitrag zuletzt: 581,02 EUR), der die nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG bestehende Versicherungspflicht des Klägers erfüllte. Mit Schreiben vom 20.4.2009 kündigte der Kläger diese Versicherung zum Ablauf des 31.12.2009. Der Kündigung war eine Bestätigung eines anderen Krankenversicherers beigefügt, wonach bei diesem ab dem 1.1.2010 eine § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG genügende Krankenversicherung (und eine Pflegepflichtversicherung) bestand. Die Beklagte bestätigte daraufhin die Vertragsbeendigung zum 31.12.2009.

Mit Schreiben vom 15.4.2011 erklärte der neue Krankenversicherer des Klägers den Rücktritt vom Vertrag, weil der Kläger in seinem Versicherungsantrag unzutreffende Angaben zu Vorerkrankungen gemacht habe. Der Kläger akzeptierte diesen Rücktritt. Er vertritt die Auffassung, aufgrund dieses wirksamen Rücktritts seien die zwingenden gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen seiner gegenüber dem Beklagten erklärten Kündigung weggefallen. Der Krankenversicherungsantrag mit der Beklagten sei daher wieder aufgelebt.

Das LG hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der vom neuen Versicherer erklärte Rücktritt habe das Vertragsverhältnis nicht rückwirkend beseitigt, sondern lediglich in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet. Der neue Vertrag habe mithin fortbestanden, so dass die Voraussetzungen des § 205 Abs. 6 VVG nicht weggefallen seien.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht geltend, das LG habe die Rücktrittswirkungen verkannt. Der Rücktritt des neuen Versicherers habe dazu geführt, dass dieser von seinen Hauptleistungspflichten frei geworden sei, so dass der neue Vertrag nicht mehr den Anforderungen des § 205 Abs. 6 VVG genügt habe. Im Übrigen wird auf die Ausführungen der Klägerseite in der Berufungsbegründung verwiesen.

II. Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das LG Coburg hat die Klage mit Recht abgewiesen, weil der zwischen den Parteien bestehende Krankenversicherungsvertrag durch die den Anforderungen des § 205 Abs. 6 VVG entsprechende Kündigung des Klägers mit Ablauf des 31.12.2009 beendet worden ist. Diese Kündigungswirkung wird durch das weitere Schicksal, das der neue Krankenversicherungsvertrag des Klägers genommen hat, nicht berührt (vgl. Looschelders/Pohlmann/Reinhard, VVG, 2. Aufl. 2011, § 205 Rz. 23; Boetius, Private Krankenversicherung, 2010, § 205 VVG Rz. 160; HK-VVG/Marko, 2009, § 205 Abs. 6 Rz. 3; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 205 Rz. 42).

1. Die Vorschrift des § 205 Abs. 6 VVG knüpft (ebenso wie § 23 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 SGB XI für die private Pflegeversicherung) die Wirksamkeit der vom Versicherungsnehmer erklärten Kündigung eines Krankenversicherungsvertrags, der - wie vorliegend - die Versicherungspflicht des § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, an zwei Voraussetzungen: Der Versicherungsnehmer muss einen Anschlussversicherungsvertrag abschließen, der den Anforderungen der Krankenversicherungspflicht genügt (§ 205 Abs. 6 Satz 1 VVG), und er muss dies seinem bisherigen Krankenversicherer gegenüber durch Vorlage eines Nachversicherungsnachweises belegen (§ 205 Abs. 6 Satz 2 VVG). Mit der Vorlage dieses Nachweises wird die Kündigung - und zwar ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Nachweises beim Versicherer (vgl. BGH, Urt. v. 12.9.2012 - IV ZR 258/11 - juris Rz. 24; Senat, Urt. v. 5.7.2012 - 1 U 8/12 - juris Rn. 23 ff.) - wirksam und f...

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