Leitsatz (amtlich)
1. Beim Immobilienerwerb im Treuhandmodell ist der Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Treuhänder wegen der Vielzahl umfassender Dienstleistungen und Tätigkeiten sowohl rechtsberatender wie auch rechtsbesorgender Natur ein Rechtsgeschäft, das wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig (§ 134 BGB) ist (nach BGH v. 28.9.2000 – IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265 = MDR 2001, 178; BGH v. 11.10.2001 – III ZR 182/00, MDR 2002, 23 = BGHReport 2002, 7 = NJW 2002, 66 und v. 14.5.2002 – XI ZR 155/01, BGHReport 2002, 639 = NJW 2002, 2325).
2. Diese Nichtigkeitsfolge erfasst auch die im Geschäftsbesorgungsvertrag erklärte Vollmacht für den Treuhänder (nach BGH v. 11.10.2001 – III ZR 182/00, MDR 2002, 23 = BGHReport 2002, 7). Dem steht auch § 139 BGB nicht entgegen.
3. Die damit vom vollmachtlosen Vertreter geschlossenen Kreditverträge zur Finanzierung des Immobilienerwerbs sind nach Rechtscheinsgrundsätzen (§§ 171 ff. BGB) nur dann wirksam, wenn dem Kreditinstitut bei Vertragsschluss die Vollmacht im Original oder in notarieller Ausfertigung vorlegen hat. Hierfür trägt das Kreditinstitut im Prozess gegen den Kreditnehmer die Darlegungs- und Beweislast.
4. Zu den Voraussetzungen einer über die Rechtsscheinsgrundsätze der §§ 171 ff. BGB hinausreichenden Duldungsvollmacht.
5. Zur Genehmigung der durch den vollmachtlosen Treuhänder abgeschlossenen Kreditverträge durch schlüssiges Verhalten des Kreditnehmers gehört, dass dieser die Unwirksamkeit erkannt oder zumindest mit ihr gerechnet und dass er zugleich zu erkennen gegeben hat, das bisher als unverbindlich angesehene Rechtsgeschäft verbindlich zu machen. Auch hierfür trägt die Bank die Darlegungs- und Beweislast.
6. Zu den bereicherungsrechtlichen Folgen der Unwirksamkeit der durch den vollmachtlosen Treuhänder abgeschlossenen Darlehensverträge (§§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 818 BGB).
Normenkette
BGB §§ 134, 139, 171 ff., §§ 812, 818; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Würzburg (Aktenzeichen 12 O 50/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Würzburg vom 27.9.2001 abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 31.985,89 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 11.1.2001 zu bezahlen, Zug um Zug gegen lastenfreie Übertragung aller Rechte der Klägerin und ihres Ehemannes … an dem 3.690/1.000.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Gemarkung …, Flur …, Flurstück Nr. … und … gelegen in …, vorgetragen im Grundbuch des AG … von Bd. …, Bl. …, verbunden mit dem Sondereigentum an der im 1. Obergeschoss, Bauteil C gelegenen Wohnung nebst Abstellraum im Kellergeschoss, im Aufteilungsplan bezeichnet mit Nr. … sowie an dem 378/1.000.000 Miteigentumsanteil an dem gleichen Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Kfz-Stellplatz in der Großgarage, im Aufteilungsplan bezeichnet mit Nr. TG.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen vom 1.12.1993, nämlich dem Festdarlehen über insgesamt 121.675 DM sowie einem Annuitätendarlehen über ursprünglich 39.848 DM keine Ansprüche ggü. der Klägerin mehr zustehen.
3. Im Übrigen wird bzw. bleibt die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des seitens der Beklagten zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision zum BGH wird in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem durch die Beklagte finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung in … . Hilfsweise begehrt sie die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen bzw. die Feststellung, dass der Beklagten aus den abgeschlossenen Darlehensverträgen zwischen ihr und ihrem Ehemann einerseits, der Beklagten andererseits keine Ansprüche mehr zustehen.
Am 10.11.1992 meldete sich der Vermittler telefonisch bei der Klägerin und deren Ehemann. Noch am gleichen Abend kam es zu einem Kaufgespräch, wobei der Vermittler der Klägerin und ihrem Ehemann den Erwerb einer Eigentumswohnung in … anpries. Das maßgebliche Kaufgespräch fand dann am 13.12.1992 in den Geschäftsräumen der Firma … in … statt; der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.
Schließlich unterzeichneten die Klägerin und ihr Ehemann am 17.12.1992 einen Auftrag zum Erwerb der Wohneinheit Nr. … des Komplexes … City … (v...