Normenkette
ZPO §§ 263, 280, 533
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Aktenzeichen 24 O 811/97) |
Tenor
I. Der vom Kläger beantragte Parteiwechsel auf der Beklagtenseite ist zulässig mit der Wirkung, dass die bisherige Beklagte zu 1) aus dem Rechtsstreit ausscheidet und die Beklagte zu 2) in das Verfahren einbezogen wird.
II. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und die Kosten der Nebenintervention in beiden Rechtszügen zu tragen.
Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
III. Das Urteil ist Ziff. II, S. 1 vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert der Beschwer der Parteien liegt jeweils unter 20.000 Euro.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit eines gewillkürten Parteiwechsels auf der Beklagtenseite in der Berufungsinstanz. Mit der am 23.10.1997 erhobenen Klage verlangte der Kläger von der Beklagten zu 1) wegen eines Verkehrsunfalles Schadensersatz nach dem Produkthaftungsgesetz. Die Beklagte zu 1) hat die Forderung nach Grund und Höhe bestritten und der Streithelferin den Streit verkündet, die dem Rechtsstreit aufseiten der Beklagten zu 1) beigetreten ist. Diese ist am 11.2.1999, ihre persönlich haftende Gesellschafterin am 18.2.1999 erloschen, was jedoch im ersten Rechtszug nicht aktenkundig geworden ist. Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger zunächst seinen Klageantrag gegen die Beklagte zu 1) weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2001 hat der Senat auf das Erlöschen der Beklagten zu 1) und ihrer Komplementärin hingewiesen. Nunmehr richtet der Kläger seine Klage gegen die Kommanditistin der Beklagten zu 1), die Beklagte zu 2). Beide Beklagte halten den Parteiwechsel, dem sie nicht zustimmen, für unzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Über die Zulässigkeit des Parteiwechsels ist nach § 280 ZPO durch Zwischenurteil zu entscheiden (BGH v. 10.11.1980 – II ZR 96/80, NJW 1981, 989; vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 303 Rz. 5).
2. Die Zulässigkeit ist zu bejahen.
Der vom Kläger geltend gemachte Übergang vom Gesellschaftsprozess (§§ 161 Abs. 2, 124 HGB) zum Gesellschafterprozess (§§ 161 Abs. 2, 171, 172, 128 HGB) stellte einen gewillkürten Parteiwechsel und damit eine Klageänderung dar (BGHZ 62, 131 = MDR 1974, 663; BGH v. 29.9.1981 – VI ZR 21/80, MDR 1982, 220 = GmbHR 1983, 20 = NJW 1982, 238). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH können aber die Bestimmungen über die Klageänderung auf den gewillkürten Parteiwechsel auf der Beklagtenseite in der Berufungsinstanz nicht angewandt werden (BGH v. 10.11.1980 – II ZR 96/80, NJW 1981, 989, m.w.N.). Das bedeutet, dass die fehlende Zustimmung der auszuwechselnden Beklagten nicht durch Sachdienlicherklärung ersetzt werden kann; vielmehr ist grundsätzlich die Zustimmung des bisherigen Beklagten und – jedenfalls im Berufungsverfahren – auch die des neuen Beklagten erforderlich (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 528 Rz. 11; Lüke in MünchKomm, ZPO, 2. Aufl., § 263 Rz. 77 und 79). Vorliegend ist der Parteiwechsel aber wegen besonderer Umstände trotz der fehlenden Zustimmung der Beklagten zulässig.
a) Dass die Zulässigkeit des gewillkürten Parteiwechsels i.d.R. die Zustimmung des bisherigen Beklagten voraussetzt, folgt aus dem Rechtsgedanken des § 269 Abs. 1 ZPO, wonach die Klage ab Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache nicht ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden kann. Der bisherige Beklagte hat auch im Regelfall ein berechtigtes Interesse daran, nicht ohne sachliche Entscheidung aus dem Rechtsstreit auszuscheiden, weil er sonst Gefahr läuft, erneut mit der Klage überzogen zu werden; deshalb ist seine Zustimmungsverweigerung jedenfalls im Grundsatz nicht wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich (BGH v. 10.11.1980 – II ZR 96/80, NJW 1981, 989). Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass die Beklagte zu 1) mit ihrer Löschung im Handelsregister und dem Wegfall ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin rechtlich nicht mehr existent ist und damit ihre nach §§ 161, 124 HGB begründete Parteifähigkeit verloren hat; eine gegen sie gerichtete neue Klage wäre von vornherein unzulässig. Es ist deshalb nicht ersichtlich, welches schützenswerte Interesse die Beklagte zu 1) an der Fortführung des Rechtsstreits und am Erwirken eines Berufungsurteils, mit dem die vom LG als unbegründet abgewiesene Klage als unzulässig abgewiesen wird, haben könnte. Ihr drohen auch keine Kostennachteile, weil der Kläger die ihr entstandenen Kosten bei zulässigem Parteiwechsel gem. § 269 Abs. 3 ZPO in entsprechender Anwendung zu tragen hat (Zöller/Greger, ZPO. 22. Aufl., § 269 Rz. 5). Aus diesen Gründen ist die Zustimmungsverweigerung der Beklagten zu 1) ausnahmsweise wegen Rechtsmissbräuchlichkeit unbeachtlich.
b) Die Zustimmung der Beklagten zu 2) ist entgegen der Regel nicht erforderlich. Wird – wie hier – im Lauf eines anhängigen Verfahrens wegen Vollbeendigung der verklagten KG vom Gesellschaftsprozess auf den Gesell...