Normenkette
BGB § 504
Verfahrensgang
LG Würzburg (Aktenzeichen 11 O 1414/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Würzburg vom 20.8.2002 abgeändert.
II. Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger das im Grundbuch des AG Würzburg eingetragene Grundstück der Gemarkung Bd. … und Bl. … Flurstück … Landwirtschaftsfläche, zur Größe von 14.704 qm (Gegenstand des Ausbeutevertrages vom 18.7.2001, UR. Nr. … des Notars Dr. …) zu Eigentum aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen Zug um Zug gegen Zahlung von 204.516,75 Euro, zahlbar in gleichen jährlichen Raten zu je 20.451,68 Euro, jeweils fällig zum 1.10. eines jeden Jahres.
III. Die Beklagten zu 3) und 4) werden verurteilt, der Löschung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, eingetragen in Abt. II des Grundbuchs des AG Gemarkung …, Bd. … und Flurstück … ‚ Landwirtschaftsfläche, zur Größe von 14.704 qm, zuzustimmen und die Löschung im Grundbuch zu bewilligen.
IV. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits (erste und zweite Instanz) als Gesamtschuldner.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darum, ob der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. … wegen eines zwischen den Beklagten zu 1) und 2) einerseits und den Beklagten zu 3) und 4) andererseits geschlossenen Ausbeutevertrages (Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit) vom 18.7.2001 bezüglich eines Grundstückes der Beklagten zu 1) und 2) in … wirksam ein Vorkaufsrecht ausgeübt hat.
Das LG hat die auf Auflassung und Eintragung – gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) – bzw. auf Zustimmung zur Löschung und deren Bewilligung – gegen die Beklagten zu 3) und zu 4) – gerichtete Klage abgewiesen mit der Begründung, es sei bezüglich des Vorkaufsrechts zugunsten der Fa. …-GmbH keine erweiternde Regelung nach § 504 BGB getroffen worden und deshalb wegen des Gesetzeswortlautes keine erweiternde Auslegung möglich; entscheidend sei, dass die Beklagten zu 1) und 2) Eigentümer geblieben seien und das Ausbeuterecht zeitlich begrenzt und auf eine Teilfläche beschränkt sei.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger das ursprüngliche Klageziel weiter; die Beklagten begehren die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angfochtenen Urteil und die gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.).
Im Berufungsrechtszug haben die Beklagten die Bewilligung eines Vorkaufsrechts zugunsten der Fa. …-GmbH bestritten.
II. Die gem. §§ 511 ff. ZPO n.F. zulässige Berufung ist begründet.
Da der Kläger das Vorkaufsrecht ausgeübt hat (Schreiben vom 21.12.2001), ist ein Kaufvertrag mit den Beklagten zu 1) und 2) über das streitgegenständliche Grundstück zu einem Kaufpreis von 400.000 DM zustande gekommen (§§ 1094, 1098 Abs. 1, 504, 505 BGB), der die Beklagten zu 1) und zu 2) zur Übergabe und zur Eigentumsverschaffung verpflichtet (§ 433 Abs. 1 S. 2, 873 Abs. 1 BGB).
Die Beklagten zu 3) und 4) sind verpflichtet, der Löschung der dem Kläger ggü. wegen der Ausübung des Vorkaufsrechts unwirksamen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zuzustimmen und deren Löschung zu bewilligen (§§ 1098 Abs. 2, 888 Abs. 1, 883 Abs. 2 S. 1 BGB).
1. Ausbeutevertrag als „kaufähnlicher Vertrag”
a) Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BGH v. 11.10.1991 – V ZR 127/90, MDR 1992, 256 = NJW 1992, 236 ff.; v. 20.3.1998 – V ZR 25/97, MDR 1998, 829 = NJW 1998, 2136 ff.) ist der Ausbeutevertrag vom 18.7.2001 einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts gleichzustellen.
Der „kaufähnliche Charakter” (im Sinne der BGH-Rechtssprechung) des Ausbeutevertrages ergibt sich zum einen daraus, dass der Steinbruch 99 Jahre lang und somit über mehr als eine Generation hinweg ausgebeutet werden darf.
Zum anderen entspricht die in Ziff. 3 des Vertrages vereinbarte „Entschädigung” von 400.000 DM einem Kaufpreis; der qm-Preis läge bei ca. 27,20 DM/qm (Grundstücksgröße 14.704 qm).
Hierfür spricht auch, dass dieser Betrag in 10 Raten (zu je 40.000 DM) schon in den ersten 10 Jahren der Vertragszeit zu begleichen ist.
Das Argument der zeitlichen Begrenzung hält der Senat angesichts der Vertragslaufzeit von 99 Jahren nicht für stichhaltig, da im Rahmen der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise das Vorkaufsrecht praktisch durch die Vertragsgestaltung („Ausbeutevertrag”) unterlaufen wird (auch das LG hat unter Bezugnahme auf die Kommentierung von Westermann in MünchKomm, BGB, 3. Aufl., § 504 Rz. 21 angedeutet, dass dadurch das Vorkaufsrecht „wirtschaftlich uninteressant” geworden sein könnte, vgl. UA 6 o.).
Dass die Beklagten zu 1) und zu 2) nach dem Ausbeutevertrag Eigentümer bleiben sollten, liegt in...