Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Keine Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen niederländischen Staatsangehörigen nach deutschem Recht
Leitsatz (redaktionell)
Dem nach Art. 17 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 EGBGB berufenen ausländischen Sachrecht ist ein Versorgungsausgleich im Sinne des deutschen Internationalen Privatrechts dann materiell bekannt, wenn der Kerngehalt des betreffenden Rechtsinstituts mit den wesentlichen Strukturmerkmalen des deutschen Versorgungsausgleichs vergleichbar ist. Hierfür reicht es aus, wenn das ausländische Rechtsinstitut einen mit dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vergleichbaren Ausgleichsmechanismus vorsieht.
Normenkette
EGBGB Art. 17 Abs. 3 Sätze 1-2
Verfahrensgang
AG Würzburg (Urteil vom 09.09.2004; Aktenzeichen 2 F 1745/03) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Ziff. 2 des Endurteils des AG - FamG - Würzburg vom 9.9.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Mit Endurteil vom 9.9.2004 hat das AG - FamG - Würzburg die Ehe der Parteien geschieden (Ziff. 1 des Urteils), die Klage auf Ehegattenunterhalt abgewiesen (Ziff. 3 des Urteils) und den Antrag der Antragsgegnerin auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht zurückgewiesen (Ziff. 2 des Urteils). Auf den Tatbestand und die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Nach ihrer Auffassung kenne das niederländische Recht keinen Versorgungsausgleich. Denn dort werde ihr nur ein Anspruch auf Auszahlung der anteiligen Rente entweder gegen einen Versorgungsträger oder gegen den Antragsteller, bei ausländischen Rentenanwartschaften nur gegen den Antragsteller zuerkannt. Diese Regelung sei mit einem Unterhaltsanspruch vergleichbar und entspreche nicht dem deutschen Versorgungsausgleich. Ihrem Antrag entsprechend sei der Versorgungsausgleich deswegen nach deutschem Recht durchzuführen.
Sie beantragt deshalb die Aufhebung und Abänderung des Urteils vom 9.9.2004 zum Versorgungsausgleich (Ziff. 2 des Urteils) und dessen Durchführung nach deutschem Recht.
Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung der Beschwerde unter Verteidigung der Gründe in der angegriffenen Entscheidung.
2. Die gem. § 621e Abs. 1 i.V.m. § 621 Nr. 6 ZPO statthafte und ansonsten auch zulässige (§ 621e Abs. 3 ZPO) befristete Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt ohne Erfolg.
Das AG hat ihren Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht gem. Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB zu Recht abgelehnt. Der Senat teilt die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass das niederländische Recht einen Versorgungsausgleich kennt. Wie der Begriff "kennen" gem. Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EGBGB aus Sicht des deutschen internationalen Privatrechts zu verstehen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. Übereinstimmung besteht allerdings darin, dass eine völlige Gleichschaltung maßgeblicher ausländischer Rechtsvorschriften mit denen des deutschen Rechts zum Versorgungsausgleich nicht erforderlich ist (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 64. Aufl., Rz. 20 zu (IPR)EGBGB 17; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 433; Reinhardt, Rechtsordnung, mit Versorgungsausgleich i.S.d. Art. 17 Abs. 3 EGBGB, S. 45, 58, 70; Wagner, Versorgungsausgleich mit Auslandsberührung, S. 20; Klattenhoff, FuR 2000, 55).
Ausreichend ist vielmehr, dass die Regelung mit dem Kernbereich des deutschen Rechts vergleichbar ist (MünchKomm/Winkler von Mohrenfels, 3. Aufl., Rz. 197 ff. zu Art. 17 EGBGB). Demnach ist ein Versorgungsausgleich im kollisionsrechtlichen Sinn gegeben, wenn bei Auflösung einer Ehe einem Ehegatten zu Lasten der Versorgung des anderen Ehegatten Anrechte zugewiesen werden, welche ihm zumindest eine im Sinne des deutschen schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eigenständige Alterssicherung in Anknüpfung an die vom Ausgleichspflichtigen während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte sichert (vgl. Klattenhoff, FuR 2000, 55 m. w. Hinweisen). Nach Auffassung des Senats ist dafür keine Gesamterfassung aller Anrechte nötig. Vielmehr genügt für die Qualifizierung der ausländischen Regelung als Versorgungsausgleich i.S.d. Deutschen Internationalen Privatrechts, wenn lediglich ein Teilausgleich von Versorgungen erfolgt oder nur Anrechte eines bestimmten Sicherungssystems des betreffenden Staates in den Ausgleich einbezogen werden (so OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 433; Klattenhoff, a.a.O.; Wagner, a.a.O., S. 21 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen erfüllt das niederländische Gesetz über die Ausgleichung von Versorgungsansprüchen bei Scheidung vom 28.4.1994 (vgl. dazu Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Niederlande, S. 150 ff.). Es schafft als eigenständige Regelung bei Scheidung einer Ehe eine Versorgung für den Fall des Alters mit schuldrechtlichem Ausgleichscharakter, indem die in Art. 1 Abs. 4 benannten Anrechte dem Ausgleich zwischen den Eheleuten un...