Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsunterhalt bei Praktika mit Berufsfindung
Normenkette
BGB § 1610 Abs. 1-2; SGB 3
Verfahrensgang
AG Helmstedt (Beschluss vom 03.09.2010) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 30.9.2010 gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des AG Helmstedt vom 3.9.2010 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 567, 569 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingegangen. Sie ist jedoch unbegründet. Das AG hat den Antragsgegner zu Recht Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht seiner Rechtsverteidigung versagt.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie des Nichtabhilfebeschlusses des AG Helmstedt vom 5.10.2010 Bezug genommen. Abgesehen davon, dass das AG im Nichtabhilfebeschluss offenbar versehentlich das Ende der Schulzeit des Antragsgegners mit Juni 2009 statt 2008 angegeben hat, tritt der Senat seinen Ausführungen vollinhaltlich bei. Ergänzend ist auszuführen:
Der Antragsteller schuldet Ausbildungsunterhalt lediglich für die erste Ausbildung des Antragsgegners nach der Schulzeit. Insoweit trifft jedoch den Antragsgegner die Obliegenheit, sich zum Ende der Schulzeit planvoll und zielstrebig um die Aufnahme einer Berufsausbildung zu bemühen (vgl. BGH NJW 1998, 1555). Gemeinhin wird heute von Schülern, die eine dreijährige Berufsausbildung anstreben, bereits ein halbes bis ein Jahr vor dem Ende der Schulzeit die Suche nach einem Ausbildungsplatz mit entsprechenden Bewerbungen begonnen, zumal kurz vor den üblichen Einstellungsterminen Presse, Funk und Fernsehen regelmäßig jährlich wiederkehrend über die jeweilige Situation des Ausbildungsmarktes in den einzelnen Branchen berichten. Entsteht bis zur Einstellung in Folge eines späteren Einstellungstermins oder durch zunächst vergebliche Bewerbungen eine Übergangszeit, so ist der Unterhaltspflichtige für eine Zeit von ca. 3-6 Monaten nach Ende der Schulzeit weiterhin unterhaltspflichtig; denn es kann nicht richtig sein, dass dieser auch zur Erholung gedachte Phase sogleich eine Erwerbsobliegenheit des unterhaltspflichtigen Kindes auslöst (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., Rz. 19 zu § 1610).
Soweit sich hier der Antragsgegner für die Erfolgsaussicht seiner Rechtsverteidigung auf eine solche Übergangszeit bis August 2010 oder gar bis Ende 2010 beruft, ist ihm eine massive Verletzung seiner eigenen Obliegenheit, sich planvoll und zielstrebig um die Aufnahme einer Berufsausbildung zu bemühen, entgegenzuhalten. Aus den Ausführungen des Antragsgegners ist nach wie vor nur zu entnehmen, dass er bis dato keine Berufsausbildung konkret angestrebt hat, sondern lediglich Möglichkeiten von Praktika genutzt hat, um überhaupt festzustellen, ob und in welchem Umfang er Interesse für eine Tätigkeit in der betreffenden Branche aufbringen könnte. Dergleichen fällt jedenfalls nach der Rechtsprechung zu § 1610 BGB gerade nicht zu einer Ausbildung; Unterhalt etwa für ein nicht vergütetes berufsvorbereitendes Praktikum (und der Antragsteller beruft sich selbst darauf, dass er angesichts der Fahrtkosten praktisch keinerlei Vergütung erhalten habe) wird grundsätzlich nur geschuldet, soweit es für eine konkret bezeichnete und angestrebte Berufsausbildung vorgeschrieben ist (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2006, 1660; OLG Frankfurt FamRZ 2007, 1839). Insoweit schließt sich der Senat auch der vom Antragstellervertreter zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung des 2. Senats des OLG Braunschweig an. Dass der Antragsgegner keinen Ausbildungsberuf angestrebt hat, ergibt sich im Übrigen zum einen bereits daraus, dass es sich bei dem Praktikum bei der Firma Praktiker um eine geförderte Maßnahme zur Berufsfindung handelte, zum anderen aus dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners, wonach ihm zeitweise eine Tätigkeit im IT-Bereich bzw. im Einzelhandel ihn "interessieren könnte" bzw. ihm "vorgeschwebt habe".
Dass die wenigen konkret dargelegten und belegten Bewerbungen nicht ausreichen können und der Antragsgegner zudem nach eigenem Vorbringen seine Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt während des einjährigen Praktikums bei
Praktiker überhaupt eingestellt hat, gereicht der Erfolgsaussicht seiner Rechtsverteidigung ebenfalls zum Nachteil, ohne dass dies zu vertiefen wäre, weil es auf der Hand liegt.
In diesem Zusammenhang kommt es nicht entscheidend darauf an, wirft aber womöglich ein Licht auf die Einsatzbereitschaft des Antragsgegners, dass er für einen neunstündigen Arbeitstag in Helmstedt es bereits für unzumutbar hält, mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine gute Stunde vor Arbeitsbeginn zu Hause abzufahren und anschließend eine gute Stunde später zu Hause anzukommen (bei einer reinen Fahrzeit von jeweils 20 Minuten). Dergleichen ist angesichts der zunehmenden Mobilität im Arbeitslebe...