Leitsatz (amtlich)
1. Der die Folgesache Zugewinn vorbereitende Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB kann im Verbund als Stufenantrag nur geltend gemacht werden, wenn das Auskunftsverlangen zusammen mit dem noch unbezifferten Zahlungsanspruch beantragt wird.
2. Die "Rückwärtsfrist" für die Anhängigkeit von Folgesachen (zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung) berechnet sich in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 113 FamFG, 222 ZPO.
3. Zur Beantwortung der Frage, ob die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG zumutbar eingehalten werden konnte, sind die Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und verbietet sich eine pauschale Sichtweise.
Normenkette
BGB § 187 Abs. 1, § 1379; FamFG § 137 Abs. 1; BGB § 137 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Wolfenbüttel (Beschluss vom 16.03.2011; Aktenzeichen 21 F 2429/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners vom ... gegen den Scheidungsbeschluss des AG - Familiengerichts - Wolfenbüttel vom 16.3.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die durch Beschluss des AG Wolfenbüttel vom 16.3.2011 ausgesprochene Scheidung der Ehe mit der Antragstellerin, weil das Familiengericht seinen Antrag zum Zugewinnausgleich nicht als Folgesache im Scheidungsverbundverfahren behandelt hat.
Die beteiligten Ehegatten haben am ... 1981 geheiratet und sich ... 2010 getrennt. Mit Schriftsatz vom 17.9.2010 beantragte die Antragstellerin die Scheidung der Ehe, der Scheidungsantrag wurde am 7.10.2010 rechtshängig. Nach Einholung der Auskünfte der Versorgungsträger der Ehegatten bestimmte das AG mit Verfügung vom 4.2.2011 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9.3.2011. Die Ladung zu diesem Termin ging dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 10.2.2011 zu. Mit Schriftsatz vom 14.2.2011 bat der Antragsgegner um Terminsaufhebung mit der Begründung, dass sich die Parteien in Verhandlungen zum Zugewinnausgleich befänden. Trotzdem beantragte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 23.2.2011 - bei Gericht eingegangen am Folgetag -, im Scheidungsverbund zu beschließen, dass die Antragstellerin zur Auskunft über ihr Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung der Beteiligten am 5.2.2010 und zum Beleg der Auskunft verpflichtet sei. Gleichzeitig behielt er sich vor, nach Erteilung der Auskunft einen Antrag auf eidesstattliche Versicherung zu stellen und "sodann die Leistungsstufe zu betreten". Mit Schriftsätzen vom 27.2.2011 widersprach die Antragstellerin der beantragten Terminsaufhebung, außerdem hielt sie dem Verbundantrag entgegen, dass es sich lediglich um ein Auskunftsbegehren ohne Leistungsstufe handele und deshalb eine Entscheidung im Scheidungsverbund ausscheide. Nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7.3.2011 klargestellt hatte, dass er ohne Klärung der Folgesache "Zugewinn" nicht geschieden werden wolle, überreichte er im Anhörungstermin vom 9.3.2011 einen weiteren Schriftsatz vom selben Tage, in dem er seinen ursprünglichen Verbundantrag um die Stufen der Richtigkeitsversicherung und des unbezifferten Leistungsanspruchs ergänzte. In der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2011 wurden die Beteiligten zu den Scheidungsvoraussetzungen und den Auskünften der Versorgungsträger gehört. Im Hinblick auf den Verbundantrag hielt der Antragsgegner an seinem ursprünglichen Antrag aus dem Schriftsatz vom 23.2.2011 fest, hilfsweise stellte er den Antrag aus dem Schriftsatz vom 9.3.2011. Die Antragstellerin trat beiden Anträgen entgegen.
Durch Beschluss vom 16.3.2011 hat das AG die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Den Antrag in der Folgesache "Zugewinnausgleich" hat es nicht in den Verbund aufgenommen, sondern als selbständiges Verfahren weitergeführt. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung vom 16.3.2011 (Bl. 46 ff d.A.) Bezug genommen.
Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 22.3.2011 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 18.4.2011 Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist mit weiterem Schriftsatz vom 22.6.2011 begründet. Mit seiner Beschwerde erstrebt der Antragsgegner die Aufhebung des Scheidungsausspruchs und die Wiederherstellung des Verbundes in Bezug auf den Zugewinnausgleich. Er ist der Auffassung, dass sein Auskunftsantrag zum Trennungsvermögen allein für sich bereits verbundfähig sei. Jedenfalls sei der Stufenantrag im Schriftsatz vom 9.3.2011 in den Verbund aufzunehmen gewesen. Insoweit rügt er die Nichtbeachtung der Grundsätze des rechtlichen Gehörs und fairen Verfahrens. Die Vorschrift des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG, wonach der zwischen Zustellung der Terminsladung und dem Termin liegende Zeitraum zwei Wochen betragen müsse, sei verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass zwischen der Ladung zur Anhörung und dem Terminstag eine Vier-Wochen-Frist einzuhalten sei. Nur so werde den Bet...