Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung des Versorgungsausgleichs aufgrund der Verpflichtung zum Familienunterhalt nach Wiederheirat

 

Leitsatz (amtlich)

Ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch im Sinne von § 33 Abs. 1 VersAusglG, der eine Aussetzung der Versorgungskürzung des Unterhaltspflichtigen rechtfertigt, kann im Falle der Wiederheirat geschiedener Eheleute auch ein Anspruch auf Familienunterhalt aus § 1360 BGB sein.

 

Normenkette

BGB § 1360; VersAusglG § 33

 

Verfahrensgang

AG Braunschweig (Aktenzeichen 246 F 53/23)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Braunschweig vom 13.06.2023 abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die im Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Braunschweig vom 15.10.2014 zum Az. 250 F 141/14 S ausgesprochene Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers bei dem Versorgungsträger L. (Az.) - wird mit Wirkung ab dem 01.08.2023 in Höhe des vollen Kürzungsbetrags von derzeit 1.120,50 EUR brutto ausgesetzt.

II. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen; ihre außergerichtlichen Kosten haben die Beteiligten jeweils selbst zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.495,49 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft die Anpassung des Versorgungsausgleichs wegen Unterhalts.

Die Ehe des am TT.M.M.1956 geborenen Antragstellers und der am TT.M.M.1962 geborenen Frau C. B. wurde durch den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 15.10.2014 zum Az. 250 F 141/14 S geschieden. Dabei wurde der Versorgungsausgleich zwischen den Eheleuten wie folgt durchgeführt:

Zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei dem Versorgungsträger O. (Az.) wird im Wege der externen Teilung zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von monatlich 905,18 EUR, bezogen auf den 31.05.2014, auf deren Versicherungskonto bei der D. (Versicherungsnummer) begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Hinsichtlich der von der Ehefrau bei der D. (Versicherungsnummer) in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften findet ein Versorgungsausgleich nicht statt.

Am TT.M.M.2018 haben der Antragsteller und Frau C. B. erneut miteinander die Ehe geschlossen. Die Ehefrau des Antragstellers verfügt über keine eigenen Einkünfte. Der Antragsteller ist mit Ablauf des Monats Juli 2023 in den Ruhestand getreten. Nach der Mitteilung des Antragsgegners vom 31.03.2023 wird seine Bruttopension i.H.v. 3.935,98 EUR derzeit aufgrund des Versorgungsausgleichs auf 2.815,48 EUR gekürzt, somit um einen Betrag von 1.120,50 EUR.

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 13.03.2023 die Aussetzung seiner Versorgungskürzung aufgrund der Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau beantragt.

Mit Beschluss vom 13.06.2023, auf den wegen der Einzelheiten seiner Begründung verwiesen wird, hat das Amtsgericht diesen Antrag auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen, da der Familienunterhalt keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldrente darstelle und daher eine Aussetzung der Versorgungskürzung nicht zu rechtfertigen vermöge.

Gegen den seiner Verfahrensbevollmächtigten am 15.06.2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der am 11.07.2023 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde im Schriftsatz vom 10.07.2023. Wegen des Beschwerdevorbringens wird auf die Darstellung unter Ziffer I. des Hinweisbeschlusses des Senats vom 16.10.2023 Bezug genommen.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.

Die Voraussetzungen der Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung des Antragstellers gemäß § 33 VersAusglG liegen vor. Insbesondere steht der geschiedenen und auch derzeitigen Ehefrau des Antragstellers ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen diesen zu. Insoweit hat der Senat im Hinweisbeschlusses vom 16.10.2023 Folgendes ausgeführt:

"Ein Unterhaltsanspruch in diesem Sinne ist nicht nur ein solcher nach den Regelungen in §§ 1569 ff. BGB über den nachehelichen Unterhalt, sondern im Falle der Wiederheirat der geschiedenen Eheleute auch ein Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB (vgl. Wick, Der Versorgungsausgleich, 5. Aufl., Rn. 1327; jurisPK-BGB/Breuers, 10. Aufl. Stand 23.05.2023, § 33 VersAusglG Rn. 31; Johannsen/Henrich/Althammer/Holzwarth, Familienrecht, 7. Aufl. 2020, § 33 VersAusglG Rn. 9; ebenso im Hinblick auf die Vorgängerregelung in § 5 VAHRG: OVG Münster, Urteil vom 09.08.2008 - 1 A 2307/07, juris Rn. 27 ff.; BGH, Urteil vom 09.02.1983 - IVb ZR 361/81, juris Rn. 23; a.A. BeckOGK/Maaß, Stand 01.08.2023, § 33 VersAusglG Rn. 31). Der Sprachgebrauch der Norm bietet keinen Anlass dafür, die in § 33 Abs. 1 VersAusglG vorausgesetzte Unterhaltsverpflichtung auf nacheheliche Ansprüche zu beschränken. Auch der Zweck der Vorschrift spricht für die Einbeziehung des Anspruchs auf Familienunterhalt im Falle der Wiederheirat geschiedener Eheleute. Die Regelung soll - ebenso wie die aufgrund verfassungsgerichtlicher Vorgaben eingeführte Vorgängervor...

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