Verfahrensgang
LG Braunschweig (Aktenzeichen 4 O 2091/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 19.09.2018 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.996,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.10.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Wertstufe bis 12.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine private Krankenkostenversicherung.
Wegen der Inhalt des Versicherungsvertrages gewordenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (im Folgenden: MB/KK 94) wird auf Anlage K1 (Bl. 6 ff. d.A.), wegen der Tarifbedingungen im Tarif VA 140 auf Ablage B1 (Bl. 44 ff. d.A.) Bezug genommen.
Im Zeitraum von Februar 2015 bis Mai 2017 unterzog sich die Klägerin mehreren operativen Eingriffen zur Liposuktion ("Fettabsaugung") zum Zweck der Behandlung eines von ihr behaupteten Lipödems in beiden Beinen und Armen.
Auf Grundlage der diesbezüglich erstellten Rechnungen (vgl. Bl. 85 f., 87 f. 90 ff. d.A. sowie Anlagenband) begehrt sie von der Beklagten Erstattung der ihr entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 11.887,76 EUR.
Sie ist der Ansicht, die medizinische Notwendigkeit sei zu bejahen, da die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien und die operative Behandlung medizinisch notwendig gewesen sei.
Sie hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.887,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
sowie
die Beklagte zu verurteilen, an sie die außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zu erstatten, soweit diese nicht auf Gebühren der gerichtlichen Tätigkeit anzurechnen sind, in Höhe von brutto 742,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht Braunschweig hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 19.09.2018 (Bl. 311 ff.) die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten aus dem zwischen den Parteien bestehenden privaten Krankenversicherungsvertrag, da die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der Behandlungskosten nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht vorlägen.
Gemäß § 1 Abs. 2 AVB/KK sei ein Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen
Es könne dahinstehen, ob die Klägerin symmetrisch an beiden Beinen und Armen an einem Lipödem gelitten habe, da die Klägerin nicht habe beweisen können, dass die durchgeführte Liposuktion medizinisch notwendig gewesen sein, weil sie nicht habe beweisen können, dass sie bereits konservativ austherapiert gewesen sei. Eine Heilbehandlung sei medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar gewesen sei, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Kämen mehrere Behandlungsmethoden infrage, sei entscheidend, ob diese aus objektiv medizinischer Sicht gleichwertig seien oder ob ein Stufenverhältnis dahingehend bestehe, dass eine zur Verfügung stehende Methode erst dann zur Anwendung kommen könne, wenn sich eine andere als nicht erfolgversprechend erwiesen habe.
Der Sachverständige habe für das Gericht plausibel und nachvollziehbar bekundet, dass zur Behandlung eines Lipödems die Durchführung eines operativen Eingriffs in Form einer Liposuktion erst dann angezeigt sei, wenn eine komplexe physikalische Entstauung in Form einer engmaschigen manuellen und mechanischen Lymphdrainage sowie einer kompressiven Wickelung stattgefunden habe, der Patient sich einer psychologischen Betreuung vorgestellt habe und eine Ernährungsumstellung mit Bewegungsprogramm jedenfalls in Betracht gezogen worden sei und diese Behandlungsschritte ohne Erfolg für den Patienten geblieben seien. Diese vorhergehenden Behandlungsschritte seien bei der Klägerin bereits nach ihren eigenen Angaben nicht durchgeführt worden. Zwar habe der Sachverständige bekundet, dass bei dem BMI der Klägerin eine Ernährungsumstellung mit Bewegungsprogramm wohl nicht in Betracht zu ziehen gewesen sei, jedenfalls aber eine komplexe physikalische Entstauung und die Beiziehung einer psychologischen Beratung vorab erforderlich gewesen sei. Dabei diene die komplexe physikalische Entstauung zum einen dazu, vor der Liposuktion angestautes Wasser abzutr...