Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 11.05.2021; Aktenzeichen 11 O 2137/18 (559)) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Dieses Urteil sowie dasjenige des Landgerichts Braunschweig vom 11. Mai 2021 sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Berufungsstreitwert wird auf die Gebührenstufe bis 13.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
1. Die Berufung ist zulässig auch im Hinblick auf § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 3 ZPO. Sie beanstandet zwar nicht die Argumentation des landgerichtlichen Urteils, nach BGH 25.05.2020 - VI ZR 252/19 - und BGH 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - stehe den Klägern wegen der in ihrem Fahrzeug ursprünglich eingebauten Software mit Prüfstandserkennung und zwei Modi der Abgasreinigung kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zu, weil das Verhalten der Beklagten seit ihren Veröffentlichungen vom 22.09.2015 nicht mehr als sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB anzusehen sei (Urteil S. 8f Bl. 400R/401 d.A.). Die Klägervertreterin wendet sich jedoch gegen die Argumentation des Landgerichts, auch aus Angebot und Einbau des Software-Updates wegen behaupteter Nachteile für das Fahrzeug, des darin unstreitig enthaltenen sog. "Thermofensters" und einer weiteren Abschalteinrichtung resultiere kein Schadensersatzanspruch der Kläger (Urteil S. 9-14, Bl. 401-403R d.A.).
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
a) Das Landgericht hat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (und damit auch an die ihm folgende des Senats) zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 826 BGB wegen Entwicklung und Inverkehrbringens des EA189-Motors mit der ursprünglichen, vom Kraftfahrtbundesamt (i.f.: KBA) unter dem 15.10.2015 beanstandeten Abschalteinrichtung in Form der Prüfstandserkennung mit zwei Modi der Abgasreinigung verneint, weil die Beklagte Fahrzeugkäufer nach dem 22.09.2015 nicht mehr vorsätzlich in sittenwidriger Weise geschädigt habe (Urteil S. 7-9, Bl. 400-401; BGH 25.05.2020 - VI ZR 252/19, in Juris Rz. 12ff -; BGH 30.07.2020 - VI ZR 5/20, in Juris Rz. 27-38 -; BGH 08.12.2020 - VI ZR 244/20, in Juris Rz. 14ff -).
b) Soweit die Klägervertreterin deshalb eine weitere vorsätzlich-sittenwidrige Schädigungshandlung i.S.d. §§ 826, 31 BGB durch Ausstattung des streitgegenständlichen Pkw mit einem wiederum mangelhaften Software-Update und die Täuschung des ursprünglichen Klägers (i.f. als Erblasser bezeichnet) über dessen Eignung zur Beseitigung des Mangels behauptet (Klageschrift S. 9-12, Schriftsatz v. 29.10.2019 S. 9f, 16-18, Bl. 9-12, 169f, 176-178 d.A.; Schriftsätze v. 25.08.2020 u. 23.03.2021, Bl. 275-305, 318-334 d.A.), greift auch dies nicht, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Dabei behauptet die Klägervertreterin keinen ursprünglichen Gesamtvorsatz der Beklagten im Hinblick auf die sittenwidrige Schädigung der Fahrzeugkäufer, welcher sich im angebotenen Software-Update nur fortsetze, sondern trägt im Gegenteil ausdrücklich vor, erst durch die Installation des Updates sei der Erblasser geschädigt worden (Schriftsatz v. 25.08.2020 S. 26 Bl. 300 d.A.). Aber auch deswegen steht den Klägern gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB auf Rückabwicklung des Kaufvertrages des Erblassers vom 15.04.2016 mit der Auto W. GmbH in H. zu, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat (Urteil S. 9-14 Bl. 401-403R d.A.).
aa) Zunächst hat die Klägerseite schon keinen ursächlichen Zusammenhang von Entwicklung, Angebot und Installation des beanstandeten Software-Updates mit dem Kaufvertragsschluss des Erblassers schlüssig dargelegt. Denn dieser erwarb seinen gebrauchten SUV VW Tiguan 2.0 TDI unstreitig lange vor dem Einbau des Software-Updates vom 14.11.2016 (Klagerwiderung S. 1 Bl. 30, unwiderspr.), nämlich am 15.04.2016 (Anlage K 1, s.o. VI.1). Wie die Unkenntnis der behaupteten negativen Wirkungen der vom Kraftfahrtbundesamt senatsbekannt erst am 15.10.2015 angeordneten und daraufhin von der Beklagten entwickelten, ab Mai/Juni 2016 freigegebenen Beseitigungsmaßnahmen einen Einfluss auf die Kaufentscheidung des Erblassers am 15.04.2016 gehabt haben sollen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Jedenfalls würde eine etwaige Hoffnung des Erblassers, die Installation des Updates werde Betriebsbeschränkungen und -untersagungen verhindern, nicht von seinem deliktsrechtlich allein geschützten Erhaltungsinteresse erfasst (BGH 24.04. u. 03.07.2023 - VIa ZR 1216/22 [Hinweis- und Zurückweisungsbeschluss], in Juris Rz. 14 bzw. 5f -).
bb) Unabhängig davon, dass die Klägervertreterin unzutreffend von der Ablehnung des Vorsatzes der Beklagten durch das Landgericht ausgeht, soweit es um die Schädigung der Fahrzeugkäufer durch das Update geht (Berufungsbegründung S. 15f, Bl. 453f d.A.), hat sie zu einem ...