Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtshaftung: Bahnunfall bei Durchführung eines polizeilich begleiteten Schwertransports
Leitsatz (amtlich)
1. Die zur Begleitung eines Schwertransports eingesetzten Polizeibeamten sind nicht gehalten, bei ihrer Ermessensentscheidung über die Anordnung der Weiterfahrt des Schwertransports unter Überschreitung eines in dem Bescheid über die Erlaubnis zur Durchführung des Schwertransports bestimmten Zeitfensters in die Abwägung Gefahren durch den Bahnverkehr miteinzubeziehen, wenn das Zeitfenster erkennbar nicht dem Schutz vor etwaigem Bahnverkehr dienen sollte.
2. Wenn dem Antragsteller in dem Erlaubnisbescheid mitgeteilt wird, dass eine Beteiligung des Bahnunternehmens nicht stattfindet und dem Antragsteller aufgegeben wird, sich mit dem Unternehmen in Verbindung zu setzen, ist es nicht Aufgabe der begleitenden Polizeibeamten, Kontakt zu dem Bahnunternehmen aufzunehmen.
Normenkette
BGB § 839 Abs. 1; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 22.09.2015; Aktenzeichen 7 O 1826/13) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Braunschweig vom 22.09.2015 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Braunschweig, soweit es aufrechterhalten bleibt, sind für das beklagte Land ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Wertstufe bis 6.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Amtshaftung auf Ersatz eines bei einem Schwertransport eingetretenen Unfallschadens in Anspruch.
Auf Antrag der Firma T. & L. B. wurde dieser seitens der Stadt B. unter dem 06.07.2012 eine Erlaubnis zur Durchführung eines Schwertransports in der Zeit vom 11.06.2012 bis zum 10.08.2012 von N. nach B. zur Verfügung der Klägerin erteilt (vgl. Beiakte der Akte 310 Js 13146/12 der Staatsanwaltschaft B.).
In der Anlage 1 des Bescheids befindet sich u. a. der Hinweis:
"Um einen reibungslosen Ablauf des Großraum- und Schwerverkehrs sicherzustellen, kann die zuständige Polizeidienststelle von der im Erlaubnis- Genehmigungsbescheid festgesetzten zeitlichen Beschränkung und/oder von der vorgesehenen Konvoifahrt abweichen, wenn es die Verkehrslage erfordert oder gestattet."
In Anlage 2 ist als weitere Auflage seitens der ... Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr folgendes aufgeführt:
"Für den Fall, dass Bahnstrecken höhengleich (Bahnübergänge) oder nicht höhengleich (Überführungen) gekreuzt oder Bahnanlagen berührt werden, ist folgendes zu beachten: Eine Beteiligung der/des Bahnunternehmens findet von hier aus nicht statt. Der Antragsteller hat sich daher mit der D. AG unter ... in Verbindung zu setzen."
Für den Bereich der Stadt S. wurde die Auflage erteilt, den Transport nur in der Zeit von 22:00 Uhr bis 05:30 Uhr durchzuführen.
Eine Beteiligung der D. AG seitens der Stadt B. erfolgte nicht.
Der aus 3 Transportfahrzeugen und jeweils 3 Begleitfahrzeugen bestehende Schwertransport der Klägerin wurde von der Fahrerin eines Begleitfahrzeugs am 24.07.2012 gegen 2.43 Uhr der Autobahnpolizei H. gemeldet. Die Fahrerin bat um polizeiliche Begleitung. Die Autobahnpolizei H. übernahm die Begleitung auf dem Rastplatz Sch. an der A 7 und geleitete den Transport bis zur Anschlussstelle R.
Dort übernahmen Beamte des PK S. den Konvoi um 4.47 Uhr. Sie wurden sodann von der PI G. abgelöst, die den Transport entlang der genehmigten Strecke bis zum Ortseingangsbereich P. an der Bundesstraße 6 begleitete.
Hier wurde die Begleitung des Transports gegen 05.40 Uhr von den Polizeibeamten R. und R. übernommen, die den Konvoi über die Bundesstraße 6 bis zu der Autobahnanschlussstelle D. (A7) begleiten sollten.
Am Bahnübergang B. fuhren zunächst die eingesetzten Polizeibeamten über den Bahnübergang und sperrten die Einmündung der Landstraße 670 ab, um das Einfahren anderer Fahrzeuge zwischen den Transportfahrzeugen zu verhindern. Nach dem Polizeifahrzeug überquerten zwei Transportfahrzeuge und zwei Begleitfahrzeuge den Bahnübergang. Das dritte Transportfahrzeug, ein LKW Volvo mit dem polnischen Kennzeichen ... und einem Anhänger mit Spezialaufbau für Schwertransporte mit dem polnischen Kennzeichen ..., fuhr bei geöffneter Schranke in den Bereich des Bahnübergangs ein, wo das Fahrzeug rangieren musste. Die Bahnschranke schloss sich, während sich das Fahrzeug noch im Bereich des Bahnübergangs befand. Es kam zum Zusammenstoß zwischen dem Transportfahrzeug und dem Regionalzug RE ... .
Mit Schreiben vom 26.07.2012 (Bl. 105 der Akte 310 Js 13146/12 der Staatsanwaltschaft B.) bat die Klägerin die D. AG um Prüfung der Strecke laut einer weiteren ihr unter dem 17.07.2012 erteilten Erlaubnis für einen Großraum- und/oder Schwertransport in dem Zeitraum vom 26.07.2012 bis 10.08.2012 und teilte mit, dass der Transport zwischen dem 30.07.2012, 22:0...