Leitsatz (amtlich)
Bei einem Zusammenstoß zwischen einem links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Pkw und einem in gleicher Richtung fahrenden, den Linksabbieger überholenden Pkw spricht der Beweis des ersten Anscheins wegen der dem Linksabbieger abverlangten äußersten Sorgfalt für ein Verschulden des Linksabbiegers.
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 6 O 2346/07) |
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers aus den im Ergebnis auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend gehaltenen Gründen der angefochtenen Entscheidung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Kläger erhält gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme von drei Wochen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall.
I. Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls.
Der Kläger ist Eigentümer des durch den Unfall geschädigten Pkw Honda [...], den zum Unfallzeitpunkt seine Ehefrau, die Zeugin P. führte. Der Unfall ereignete sich 14.4.2007, als die Zeugin P. in einem Wohngebiet in der Straße A. in L. mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h zum Abbiegen in eine an der linken Straßenseite gelegene Grundstückseinfahrt zuerst einen Schlenker nach rechts fuhr und sodann links einbog. Der hinter ihr fahrende Bekl. zu 1) kollidierte bei dem Versuch, die Zeugin P. während des Abbiegevorgangs links zu überholen. Der Pkw des Klägers wurde vorne links beschädigt, der andere Wagen hinten rechts. Halter des vom Bekl. zu 1) geführten Fahrzeugs ist der Bekl. zu 2), versichert ist der Pkw bei der Bekl. zu 3). Die Kosten der Reparatur an dem Wagen des Klägers wurden bis auf einen Selbstbehalt von 325 EUR von dessen Kaskoversicherung übernommen. Der Pkw erlitt einen merkantilen Minderwert von 1.550 EUR.
Der Kläger hat behauptet, die Zeugin P. habe vor dem Abbiegevorgang den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt, den nachfolgenden Verkehr beobachtet, sei Schritttempo gefahren und habe den Schulterblick getätigt. Sie habe den mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Bekl. zu 1) nicht sehen können. Es seien Reparaturkosten i.H.v. 6.032 EUR, und wegen Lieferverzögerungen eines Ersatzteils ein Nutzungsausfall für 60 Tage von (60 × 59 EUR =) 3.540 EUR, des Weiteren Kosten i.H.v. 30 EUR entstanden.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 5.445 EUR nebst näher genannter Zinsen zu zahlen sowie ihn hinsichtlich der außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 571,10 EURfreizustellen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, die Zeugin P. habe rechts geblinkt, bevor sie links abgebogen sei.
Das LG hat die Klage nach Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugin P. und des Zeugen R. sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Urteil vom 28.5.2009 abgewiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des LG Bezug genommen.
Mit der Berufung greift der Kläger die Entscheidung des LG an und verfolgt seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter, wobei der Freistellungsantrag hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in einen Zahlungsantrag umgestellt wurde. Er ist der Auffassung, dass die Betriebsgefahr nicht hinter der Pflichtverletzung zurücktrete, weil letztere nicht derart wesentlich gewesen sei. Ein Anscheinsbeweis könne nicht angenommen werden, denn dafür müsse ein typischer Geschehensablauf feststehen. Der Sachverhalt sei hier aber nicht unstreitig oder bewiesen gewesen. Des Weiteren liege kein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 StVO vor, denn diese Norm diene nicht dem Zweck, den Abbiegevorgang für den Hintermann zu verdeutlichen, sondern solle dem fließenden Verkehr das rechtsseitige Passieren des links abbiegenden Fahrzeuges ermöglichen. Auch ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 5 StVO könne der Zeugin nicht nachgewiesen werden. Zudem ergäben sich aus den Beweismitteln vom LG nicht berücksichtigte Indizien für eine überhöhte Geschwindigkeit des Beklagten. Des Weiteren habe der Beklagte zu 1) gegen § 5 StVO verstoßen und seine Aussage sei falsch gewürdigt worden.
II. Die Rügen des Klägers im Berufungsverfahren greifen nicht durch.
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserhebliche...