Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit von Flugkosten des Prozessbevollmächtigten bei nicht mehr möglicher Stornierung wegen kurzfristiger Terminsaufhebung

 

Leitsatz (amtlich)

I. Flugkosten sind erstattungsfähig, soweit sie zu den Kosten anderer Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der Zeitersparnis in einem angemessenen Verhältnis stehen.

II. Wird ein Gerichtstermin kurzfristig aufgehoben, so sind Reisekosten der Partei bzw. ihres Rechtsanwalts gleichwohl festzusetzen, soweit sie unvermeidbar waren. Das gilt auch für solche Reisekosten, die wegen der kurzfristigen Stornierung nicht mehr zurückerstattet werden.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 21.08.2009; Aktenzeichen 6 O 1138/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Kostenfestsetzungebeschluss des LG Bremen vom 21.8.2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die zu erstattenden Kosten auf EUR 6.069,94 festgesetzt werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte (§§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO).

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt EUR 349,40.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde hat nur insoweit Erfolg, als von den geltend gemachten Flug-(Storno-)Kosten vom LG nicht berücksichtigte EUR 25 abzusetzen sind. Insoweit wird verwiesen auf die geänderte Berechnung der Klägerinnen im Schriftsatz vom 22.5.2009. Die Klägerinnen haben danach nur noch Stornokosten von EUR 324,40 geltend gemacht statt ursprünglich EUR 349,40. im Kostenfestsetzungsantrag vom 31.7.2008.

Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde unbegründet. Reisekosten sind im Rahmen des zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Notwendigen erstattungsfähig. Flugkosten sind erstattungsfähig, soweit sie zu den Kosten anderer Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der Zeitersparnis in einem angemessenen Verhältnis stehen (Giebel in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., Rz. 132 zu § 91 m. w. Hinw.).

Hier wollten die Klägerinnen die Flugkosten ihres Prozessbevollmächtigten von vornherein nur in der Weise abrechnen, wie sie auch schon bei dem früheren Termin (13.7.2006) vorgenommen hatten, nämlich unter Ansetzung fiktiver Fahrtkosten mit dem Pkw, Abwesenheitsgeld und Übernachtung in einem Mittelklassehotel. Diese Abrechnungsweise stand den Klägerinnen zu. Der Stornobetrag von EUR 324,40 übersteigt diesen an den Fahrtkosten mit eigenem Pkw oder auch mit der Deutschen Bahn orientierten Rahmen jedenfalls nicht.

Dem Ansatz der hier streitigen Kosten steht der Umstand, dass die Anreise zum Termin am 5.6.2008 nicht stattgefunden hat, nicht entgegen. Wird ein Termin - wie hier - kurzfristig aufgehoben, so sind Reisekosten der Partei bzw. ihres Rechtsanwalts gleichwohl festzusetzen, soweit sie unvermeidbar waren (Giebel, a.a.O.). Das gilt auch für solche Reisekosten, die wegen der kurzfristigen Stornierung nicht mehr zurückerstattet werden. Der Termin war mit Beschluss des LG Bremen vom 20.3.2008 auf den 5.6.2008 anberaumt worden. Der Rechtsanwalt buchte daraufhin am 28.5.2008 den Flug von N. nach B.. Das war sachgerecht. Erst am 3.6.2008, mithin zwei Tage vor dem angesetzten Termin, wurde den Anwälten fernmündlich vom Gericht mitgeteilt, dass der Verhandlungstermin aufgehoben werde, weil sich die Parteien mit dem Eintritt in das schriftliche Verfahren einverstanden erklärten. Der Anfall der Stornokosten ließ sich demnach nicht mehr vermeiden. Insbesondere stand zu dem Zeitpunkt, als der Flug von N. nach B. gebucht wurde, noch nicht zu erwarten, dass der Verhandlungstermin etwa nicht stattfinden werde, so dass auch keine Veranlassung für den Rechtsanwalt bestand, vor der endgültigen Buchung beim LG hierüber Rückfrage zu halten.

Hingegen kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte den Anfall der Kosten zu vertreten hat. Der Umstand, dass er die Verlegung nicht zu vertreten hat, spielt für die oben erörterte Frage, ob die den Klägerinnen entstandenen Aufwendungen als für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendige Kosten zu erstatten sind, keine Rolle. Insbesondere kann insoweit entgegen der Ansicht des Beklagten die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht (auch nicht analog) herangezogen werden; den nach allgemeiner Meinung ist § 21 GKG, soweit es um Gebühren und Auslagen eines Anwalts oder eines anderen Prozessbevollmächtigten geht, unanwendbar (Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., Rz. 1 zu § 21 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2343357

HRA 2010, 10

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