Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anwendung des Adoptionswirkungsgesetzes, wenn das Kind zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat

 

Leitsatz (amtlich)

Die über § 5 AdWirkG i.V.m. § 187 Abs. 4 FamFG bewirkte Zuständigkeitskonzentration greift nur dann ein, wenn bei einer Adoptionssache ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen und das anzunehmende Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, da das Adoptionswirkungsgesetz gemäß § 1 S. 2 AdWirkG nur auf Kinder anzuwenden ist, die zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

 

Normenkette

FamFG §§ 187, 199, 5, 2; AdWirkG §§ 1, 5

 

Verfahrensgang

AG Bremerhaven (Aktenzeichen 151 F 31/14)

 

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht wird das AG - Familiengericht - Bremerhaven bestimmt.

 

Gründe

I. Die in Bremerhaven lebenden weiteren Beteiligten sind miteinander verheiratet. Der weitere Beteiligte zu 1., ein deutscher Staatsangehöriger, möchte die leibliche Tochter der weiteren Beteiligten zu 2., X, geboren am [...] 1996 in Novi Sad/Serbien, adoptieren. Sowohl die weitere Beteiligte zu 2. als auch ihre Tochter besitzen die serbische Staatsangehörigkeit. Ein Adoptionsantrag ist am 8.1.2014 beim AG - Familiengericht - Bremerhaven eingegangen, in dessen Gerichtsbezirk alle Beteiligten wohnen. Am [...] 2014 ist X volljährig geworden. Mit Beschluss vom 24.8.2015 hat das AG - Familiengericht - Bremerhaven auf entsprechenden Antrag das Verfahren an das AG - Familiengericht - Bremen verwiesen. Mit Beschluss vom 7.9.2015 hat dieses die Übernahme des Verfahrens verweigert und sich für unzuständig erklärt. Mit Verfügung vom 14.10.2015 hat das AG - Familiengericht - Bremerhaven das Verfahren dem Senat zur Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG vorgelegt.

II. Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 FamFG sind im vorliegenden Verfahren gegeben. Der Senat ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 FamFG als übergeordnetes Gericht des AG - Familiengericht - Bremen und des AG - Familiengericht - Bremerhaven zur Entscheidung berufen. Beide Familiengerichte haben sich auch rechtskräftig für unzuständig erklärt: Das AG - Familiengericht - Bremerhaven hat mit Beschluss vom 24.8.2015 das vorliegende Verfahren an das AG - Familiengericht - Bremen verwiesen, das sich mit Beschluss vom 7.9.2015 für unzuständig erklärt und die Verfahrensübernahme abgelehnt hat. Es liegt somit ein negativer Kompetenzkonflikt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG vor.

Zum örtlich zuständigen Gericht ist das AG - Familiengericht - Bremerhaven zu bestimmen.

Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes folgt grundsätzlich aus § 187 Abs. 1 FamFG und richtet sich somit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Annehmenden. Im vorliegenden Fall lebt der weitere Beteiligte zu 1., der Annehmende, im Bezirk des AG Bremerhaven, weshalb dieses gemäß § 187 Abs. 1 FamFG für das Adoptionsverfahren örtlich zuständig ist.

Entgegen der Auffassung des AG - Familiengericht - Bremerhaven besteht keine örtliche Zuständigkeit des AG - Familiengericht - Bremen gemäß § 187 Abs. 4 FamFG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 2 AdWirkG. Die Anzunehmende ist am [...]2014 18 Jahre alt geworden, weshalb das Adoptionswirkungsgesetz nicht mehr auf sie anzuwenden ist (§ 1 S. 2 AdWirkG).

Dass sie zum Zeitpunkt des Eingangs des Adoptionsantrags beim AG Bremerhaven noch keine 18 Jahre alt war und somit das Verfahren noch dem Adoptionswirkungsgesetz unterfiel, kann nicht über § 2 Abs. 2 FamFG die örtliche Zuständigkeit des AG Bremen begründen. Die perpetuatio fori-Regelung setzt voraus, dass das zunächst angegangene Gericht im Zeitpunkt seines Befassens mit der Angelegenheit überhaupt örtlich zuständig ist und die für die Zuständigkeit entscheidenden Umstände in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 2 Rn. 16). Im vorliegenden Fall wäre aber zum Zeitpunkt des Eingangs des Adoptionsantrags beim AG Bremerhaven gemäß §§ 187 Abs. 4 FamFG, 5 Abs. 1 AdWirkG das AG Bremen örtlich zuständig gewesen. Bei ihm ist der Antrag aber nicht eingegangen; der Antragseingang beim AG Bremen erfolgte erst am 1.9.2015 und somit weit nach dem 18. Geburtstag der Anzunehmenden.

Nach dem [...]2014 war somit eine Volljährigenadoption auszusprechen, weshalb hier auch nicht die über § 5 AdWirkG bewirkte Zuständigkeitskonzentration eingreift, die sich ausschließlich auf Kinder bis zum 18. Lebensjahr bezieht. Nur auf diese ist das Adoptionswirkungsgesetz gemäß § 1 S. 2 AdWirkG anzuwenden. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Für eine Zuständigkeitskonzentration, die sich nicht auf Verfahren mit Anzunehmenden unter 18 Jahren beschränkt, sondern auch Erwachsene mit einbezieht, soweit auch ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, besteht kein Bedürfnis. Die vom Senat vertretene Rechtsauffassung entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung (vgl. OLG München, NJW-RR 2009, 592; OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 59; Keidel/Engelhardt,...

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