Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Unanfechtbarkeit eines Bekanntmachungsbeschlusses nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beschluss zur Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG ist auch dann unanfechtbar, wenn das Klagverfahren nicht dem Anwendungsbereich des KapMuG unterfällt.

 

Normenkette

KapMuG § 3 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 2 O 1938/15)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin vom 01.02.2017 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12.01.2017 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 3.484,69 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht vor dem Landgericht Bremen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Zeichnung seiner Beteiligung an einem Schiffsfonds geltend. Die Beklagte hat der Nebenintervenientin als Erstellerin des Prospekts für diesen Fonds den Streit verkündet, die Nebenintervenientin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

In diesem Rechtsstreit hat das Landgericht mit Beschluss vom 12.01.2017 gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG auf Antrag des Klägers vom 05.04.2016 die Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags des Klägers im Klageregister beschlossen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Nebenintervenientin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 01.02.2017, der das Landgericht mit Beschluss vom 27.09.2017 nicht abgeholfen hat.

Die Nebenintervenientin meint, das Landgericht habe mit Beschluss vom 12.01.2017 zu Unrecht die Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags des Klägers im Klageregister beschlossen, da der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei, da es nach dem eigenen Vortrag des Klägers an einer Verwendung der angeblich fehlerhaften Kapitalmarktinformation fehle. Zudem sei das Verfahren auch deswegen insgesamt nicht musterverfahrensfähig, da die Klage auch auf eine fehlerhafte Beratung ohne Bezug zu öffentlichen Kapitalmarktinformationen gestützt werde. Da der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei, greife die Regelung zur Unanfechtbarkeit des Bekanntmachungsbeschlusses nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG nicht ein, so dass die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12.01.2017 zulässig sei.

Die Nebenintervenientin beantragt,

den Bekanntmachungsbeschluss des Landgerichts Bremen vom 12.01.2017 - Az. 2 O 1939/15 - aufzuheben, soweit dieser unter Ziffer I. den Musterverfahrensantrag des Klägers vom 05.04.2016 zum D.-Fonds im Klageregister öffentlich bekannt macht, und den Musterverfahrensantrag des Klägers vom 05.04.2016 zum D.-Fonds als unzulässig zu verwerfen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.02.2017 erklärt, den Antrag der Nebenintervenientin zu befürworten und sich ihrer Argumentation anzuschließen.

Der Kläger beantragt mit Schriftsatz vom 10.03.2017,

die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin zurückzuweisen.

Der Kläger meint, dass der Beschluss zur Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags auch dann nicht mittels einer sofortigen Beschwerde anfechtbar sei, wenn geltend gemacht werde, dass der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei.

II. Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin vom 01.02.2017 gegen den Bekanntmachungsbeschluss des Landgerichts vom 12.01.2017 war als unzulässig zu verwerfen. Der Beschluss des Landgerichts vom 12.01.2017 zur Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Bundesanzeiger nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG ist, wie in dieser Bestimmung ausdrücklich geregelt ist, unanfechtbar. Eine sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss ist daher nicht statthaft.

1. Die Anwendbarkeit der Regelung zur Unanfechtbarkeit des Bekanntmachungsbeschlusses nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG setzt nicht voraus, dass das Klagverfahren dem Anwendungsbereich des KapMuG unterfällt. Soweit die Nebenintervenientin geltend macht, dass die Regelung des § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG auf den Beschluss des Landgerichts vom 12.01.2017 nicht anwendbar sei, der Beschluss also mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sei, da der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet sei, verkennt dies vielmehr die Reichweite der dem § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG zugrunde liegenden gesetzgeberischen Entscheidung.

2. In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss über die Anordnung der Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags statthaft ist, wenn das zugrunde liegende Verfahren tatsächlich nicht musterverfahrensfähig ist.

a. Teilweise wird hierzu vertreten, dass das Verfahren dann insgesamt nicht in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 KapMuG falle und somit auch nicht der Rechtsmittelausschluss nach § 3 Abs. 2 S. 1 KapMuG eingreife (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 15.10.2014 - 24 Kap 1/14, juris Rn. 13, WM 2015, 71; Beschluss vom 18.12.2014 - 4 Kap 14/14, juris Rn. 10; Beschluss vom 23.12.2014 - 4 Kap 1/14, juris Rn. 9, AG 2015, 906; OLG München, Beschluss vom 30.07.2013 - 17 W 1385/13; Kruis, in: Kölner Kommentar zum KapMuG, 2. Aufl., § 3 KapMuG Rn. 122 ff.).

b. Nach der...

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