Verfahrensgang
AG Bremen (Entscheidung vom 13.11.2008) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 13.11.2008 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen - an das Amtsgericht Bremen zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Bremen verurteilte den Betroffenen am 13.11.2008 wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit (Führen eines Kraftfahrzeuges unter Wirkung des berauschenden Mittels Kokain) zu einer Geldbuße von EUR 500,-. Darüber hinaus ordnete das Amtsgericht ein Fahrverbot von 3 Monaten an.
Mit der am 20.11.2008 eingelegten Rechtsbeschwerde hat der Betroffene die Sach- und die Verfahrensrüge erhoben. Letztere begründete er durch Schriftsatz vom 08.01.2009, eingegangen am 09.01.2009, mit einem Verstoß gegen §§ 338 Nr. 5, 140 Abs. 2 StPO.
In ihrer Stellungnahme vom 02.05.2009 hat die Generalstaatsanwaltschaft zur Rechtsbeschwerde des Betroffenen ausgeführt:
" a)
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 OWiG), form- und fristgerecht eingelegt (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 341 StPO) und begründet (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. §§ 344, 345 StPO) und damit zulässig. Sie erweist sich auch als begründet.
b)
Der Betroffene behauptet in verfahrensrechtlicher Hinsicht das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 StPO (i. V. m. § 79 Abs. 3 OWiG), weil ein Fall notwendiger Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO (i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG) vorgelegen habe, die Beiordnung eines Pflichtverteidigers abgelehnt worden sei und sein Wahlverteidiger während eines wesentlichen Teils der Hauptverhandlung nicht anwesend gewesen sei.
Nach § 79 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei einer Verfahrensrüge die den Mangel enthaltenden Tatsachen anzugeben. Das muss so genau geschehen, dass das Revisionsgericht aufgrund der Darlegung das Vorhandensein - oder Fehlen - eines Verfahrens mangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (OLG Hamm NStZ-RR 2001, 373). Erhebt der Betroffene die formelle Rüge der §§ 338 Nr. 5, 140 Abs. 2 StPO und macht geltend, er sei in der Hauptverhandlung trotz des Vorliegens eines Falls der notwendigen Verteidigung nicht anwaltlich vertreten gewesen, so muss er die Tatsachen mitteilen, die zur Prüfung der Frage erforderlich sind, ob ihm ein Pflichtverteidiger hätte beigeordnet werden müssen (OLG Hamm, a.a.O.) und während welchen Teils der Hauptverhandlung kein Verteidiger anwesend war (vgl. BGHSt 48, 91, dort in Bezug auf die zeitweise Abwesenheit des Angeklagten). Vor allem gehört zum Sachvortrag der Rüge nach § 338 Nr. 5 StPO die Darlegung der Verfahrensvorgänge, die sich in Abwesenheit der Beteiligten ereignet haben, damit das Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob sie "wesentlich" waren (Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozess, 7. Aufl., Rn. 194).
Die Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen enthält jeweils im Wortlaut seinen Antrag vom 12.11.2008 auf Bestellung eines Pflichtverteidigers und den in der Hauptverhandlung vom 13.11.2008 verkündeten Ablehnungsbeschluss. Das Hauptverhandlungsprotokoll, aus dem sich ergibt, wann kein Verteidiger anwesend war, ist zwar nicht wörtlich wiedergegeben, aber in der Rechtsbeschwerdebegründung sind alle in dieser Zeit erfolgten Verfahrensvorgänge dargelegt. Damit ist die Rüge zulässig erhoben.
Den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers wies das Amtsgericht Bremen mit der Beschlussbegründung zurück, der Sachverhalt sei sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht einfach gelagert. Auch die Frage der Verwertbarkeit der entnommenen Blutprobe führe nicht zu einer besonders schwierigen Sach- oder Rechtslage. Diese Auffassung war fehlerhaft.
Ist in der Hauptverhandlung eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, ob das Ergebnis eines Blutalkoholgutachtens wegen Verletzung des Richtervorbehalts einem Verwertungsverbot unterliegt, ist wegen der Schwierigkeit der Rechtslage von einem Fall notwendiger Verteidigung auszugehen (LG Schweinfurt StV 2008, 492 = StraFo 2008, 331; OLG Brandenburg NJW 2009, 1287). Ein solcher Fall war vorliegend gegeben, denn dem Urteil zufolge war die am 05.10.2007 um 20:10 Uhr erfolgte Blutentnahme von der Polizeibeamtin XX ohne Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Bremen und folglich ohne staatsanwaltschaftliche oder richterliche Anordnung angeordnet worden. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.02.2007 (NJW 2007, 1345) ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, welche Folgen sich aus einer fehlerhaften Annahme polizeilicher Eilkompetenz nach § 81 a Abs. 2 StPO für die Verwertbarkeit des so gewonnenen Beweismittels ergeben (vgl. zuletzt OLG München, Beschluss vom 05.02.2009 - 4 St RR 165/08 - [kein Beweisverwertungsverbot]; LG Schwerin, Beschluss vom 09...