Leitsatz (amtlich)
Wird dem Rechtsanwalt zur Fertigung der Berufungsschrift die Handakte vorgelegt, hat er bei dieser Gelegenheit auch die ordnungsgemäße Eintragung der Berufungsbegründungsfrist zu kontrollieren.
Normenkette
ZPO §§ 233-234, 236 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 24.11.2008; Aktenzeichen 4 O 915/07) |
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Bremen - 4. Zivilkammer, Einzelrichter - vom 24.11.2008 wird als unzulässig verworfen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens über den Wiedereinsetzungsantrag sowie die Kosten der Berufung.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 13.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger hat gegen das ihm am 8.12.2008 zugestellte Urteil des LG Bremen - 4. Zivilkammer, Einzelrichter - vom 24.11.2008 am 15.12.2008 Berufung eingelegt, diese jedoch nicht bis zum Montag, dem 9.2.2009, begründet. Auf den Hinweis des Vorsitzenden des 1. Zivilsenats vom 16.2.2009, dass der Senat wegen der nicht fristgerecht eingegangenen Berufungsbegründung des Klägers beabsichtige, seine Berufung gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 23.2.2009, eingegangen bei dem Hanseatischen OLG am 24.2.2009, beantragt, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, nachdem die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 12.2.2009 am 17.2.2009 beim OLG Bremen eingegangen war.
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags hat der Kläger vorgetragen, die Mitarbeiterin seiner Prozessbevollmächtigten, nämlich die als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten beschäftigte Frau B., die dreimal in der Woche von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten arbeitet, habe bei der Fristeneintragung einen Fehler begangen. Die Eintragung von Fristen gehöre zu dem Aufgabenbereich von Frau B.. Diese sei bis zu dem in Rede stehenden Fehlverhalten als eine ordentliche und zuverlässige Person bekannt gewesen. Frau B. habe bei der Übertragung der Fristen in den Fristenkalender 2009 die Berufungsbegründungsfrist auf den 18.2.2009 eingetragen statt auf den 8.2.2009. Da kanzleiintern die Fristakten 1 Woche vor Fristablauf zur Wiedervorlage eingetragen würden, sei die Akte am 11.2.2009 zur Bearbeitung vorgelegt worden. Frau B. habe die Frist im Fristenkalender auf den 18.2.2009 eingetragen und dies auf ein DIN-A-5-Blatt mit einem roten Stift wie folgt vermerkt: "Fristsache!!! Fristablauf 18.2.2009!" Dieses Blatt habe Frau B. wie üblich auf die Akte getackert. Bei der Bearbeitung der Akte am 12.2.2009 sei der Prozessbevollmächtigten des Klägers der Fehler ihrer Mitarbeiterin nicht aufgefallen. Auch habe kein Grund für eine genaue Kontrolle des Fristablaufs vorgelegen, da Frau B. dies eindeutig auf der Akte auf einer DIN-A-5-Seite vermerkt habe. Erst am nächsten Tag, als der Postausgang habe eingetragen werden sollen, habe Frau B. den Fehler bemerkt.
Der Kläger hat zur Glaubhaftmachung des vorgenannten Vortrags eine eidesstattliche Versicherung von Frau B. vom 23.2.2009 vorgelegt.
Die Beklagte ist dem Wiedereinsetzungsantrag des Klägers entgegengetreten.
II. Der zulässige (§§ 234, 236 ZPO) Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet, weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat, dass seine Prozessbevollmächtigte, deren Verhalten sich der Kläger zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO), an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein Verschulden trifft (§§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
1. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat das Urteil des LG vom 24.11.2008 am 8.12.2008 erhalten, am selben Tag das entsprechende Empfangsbekenntnis unterzeichnet und am 11.12.2008 die Berufungsschrift diktiert und unterschrieben. Das Empfangsbekenntnis durfte die Prozessbevollmächtigte des Klägers erst unterzeichnen und zurückgeben, nachdem in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und die Notierung im Fristenkalender vermerkt war (BGH, AnwBl. 2008, 71 m.w.N.).
Nach zutreffender höchstrichterlicher Rechtsprechung hat der Rechtsanwalt bei Vorlage der Akte zur Fertigung der Berufungsschrift auch die ordnungsgemäße Eintragung der Berufungsbegründungsfrist zu kontrollieren (BGH, BRAK-Mitt 2005, 181 Ls, zitiert nach Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 233 Rz. 23 Stichwort "Fristenbehandlung"). Wäre die Prozessbevollmächtigte dieser ihr obliegenden Pflicht nachgekommen, hätte sie festgestellt, dass ihre Angestellte die Berufungsbegründungsfrist in dem Fristenkalender 2009 falsch eingetragen hatte, nämlich auf den 18.2.2009 statt auf Montag, den 9.2.2009. In diesem Fall wäre die falsch eingetragene Berufungsbegründungsfrist nebst der entsprechenden Vorfrist korrigiert und die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vermieden worden.
2. Darüber...