Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertermittlungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Vollstreckbarkeit des Wertermittlungsanspruches gemäß § 2314 BGB.

 

Normenkette

ZPO § 887 Abs. 1-2, § 888; BGB § 2314

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 04.03.1991; Aktenzeichen 4 O 2229/90)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluß des Landgerichts Bremen vom 4. März 1991 abgeändert und ein Zwangsgeld von DM 500,– – ersatzweise 10 Tage Zwangshaft – gegen den Schuldner festgesetzt, zur Erzwingung der durch Versäumnisteilurteil des Landgerichts vom 9. Oktober 1990 angeordneten Handlungen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist zulässig und begründet.

Der Senat ist mit der weitaus überwiegenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung der Ansicht, daß der Wertermittlungsanspruch des § 2314 Abs. 1 BGB eine unvertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO darstellt und entsprechend dieser Vorschrift zu vollstrecken ist (vgl. BGH NJW 1975, 258, 259; OLG Frankfurt NJW RR 1987, 1472; Palandt-Edenhofer, BGB 50. Aufl., § 2314 RN 20; Staudinger-Ferid/Cieslar, BGB 12. Aufl., § 2314 RN 53; Münchener Kommentar-Frank, BGB, 2. Aufl., § 2314 RN 22; Erman-Schlüter, BGB 8° § 2314 RN 5; Blunck NJW 1975, 2291, 2292 in einer Anm. zu BGB NJW 75, 258 f; a.A. OLG Hamm JMBl. NRW 1977, 67, 68; Johannsen in BGB RGRK 12. Aufl., § 2314 RN 16; Kempfler NJW 1970, 1534, 1535; wohl auch Coing NJW 1983, 1298 f sub III 4).

Rein theoretisch erscheint eine Vollstreckung des Wertermittlungsanspruchs im Wege der Ersatzvornahme zwar denkbar, weil der Anspruchsberechtigte sich gem. § 887 Abs. 1 ZPO ermächtigen lassen könnte, selbst einen Gutachter mit der Wertermittlung des Grundstückes zu beauftragen und sich zu diesem Zweck einen Vorschuß gem. § 887 Abs. 2 ZPO zu Lasten des Schuldners zusprechen Lassen könnte. Für das Vollstreckungsverfahren kann es jedoch nicht auf die theoretische Möglichkeit einer bestimmten Art der Vollstreckung ankommen. Vielmehr muß dem Gläubiger eine wirksame und zweckentsprechende Zwangsvollstreckung ermöglicht werden. Dieses Ziel wird bei der Vollstreckung des Wertermittlungsanspruchs von Nachlaßgegenständen nicht über § 887 ZPO erreicht. Denn üblicherweise bedarf der für die Wertermittlung heranzuziehende Sachverständige der Mitwirkung des Schuldners, der sich im Besitz der Nachlaßgegenstände und aller erforderlichen Informationen oder Unterlagen befindet. Verweigert er die Mitarbeit oder die Herausgabe solcher Unterlagen (z.B. Baupläne, Mietverträge etc.), was zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens regelmäßig nicht erkennbar sein wird, so müßte der Schuldner über § 888 ZPO zur Hergabe der notwendigen Informationen oder Unterlagen gezwungen werden. Das würde in solchen Fällen auf eine „doppelte Vollstreckung” hinauslaufen, die weder dem Sinn des Gesetzes noch den Erfordernissen der Praxis entspricht.

Der Senat ist daher der Auffassung, daß die Ermittlung des Wertes von Nachlaßgegenständen eine unvertretbare Handlung ist, deren Vollstreckung sich nach § 888 ZPO richtet. Die Entscheidung des Landgerichts war daher in der aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Weise abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1122677

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