Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer im Iran durchgeführten Ehescheidung
Leitsatz (amtlich)
Nach iranischem Recht durchgeführte Scheidungen, denen ein gerichtliches Verfahren gemäß Art. 26 ff. des Gesetzes zum Schutze der Familie vom 19.2.2013 (FSG 2013) vorausgeht, sind als gerichtliche Scheidungen gemäß § 107 FamFG anerkennungsfähig. Das gilt auch für Scheidungsanträge des Ehemannes, weil Art. 1133 iran. ZGB in der seit dem Jahr 2002 geltenden Fassung auch für den Ehemann einen gerichtlichen Antrag auf Scheidung vorsieht.
Normenkette
FamFG §§ 107, 109
Tenor
1. Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Verfahrenswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten, die jeweils sowohl deutsche als auch iranische Staatsangehörige sind, haben am [...]1989 im Iran die Ehe miteinander geschlossen. Sie leben seit Juni 2015 getrennt voneinander in einer im jeweiligen hälftigen Miteigentum stehenden, in X belegenen Immobilie.
Der Antragsgegner hat im Jahre 2020/2021 im Iran ein Scheidungsverfahren betrieben. Mit Urteil vom 20.10.2020 (Nr. des Urteils: [...]) hat das Familiengericht Teheran auf Ersuchen des Antragsgegners eine Bescheinigung über die Unmöglichkeit der "Ehelebensfortsetzung" ausgestellt. Mit Endurteil vom 2.12.2020 (Urteils-Nr. [...]) hat das Revisionsgericht/Provinz Teheran auf die Revision der Antragstellerin das Urteil des Familiengerichts Teheran vom 21.10.2010 (zutreffend: 20.10.2020) bestätigt. Mit einem weiteren Endurteil vom 12.5.2021 (Urteil Nr. [...]) hat das Revisionsgericht/Provinz Teheran auf die Revision der Antragstellerin das Urteil des Familiengerichts Teheran vom 20.10.2020 (erneut) bestätigt. Am 25.5.2021 führte der Antragsgegner in Abwesenheit der Antragstellerin im Notariat Nr. [...]/Teheran (Reg.-Nr. [...]) die Scheidungszeremonie durch.
Mit Schriftsatz vom 6.7.2022 beantragte der Antragsgegner bei der Landesjustizverwaltung Bremen die Anerkennung der im Iran erfolgten Scheidung. Der Antrag wurde zuständigkeitshalber an die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen zur Bearbeitung weitergeleitet. Die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen stellte ohne vorherige Anhörung der Antragstellerin mit Entscheidung vom 26.10.2022 ohne nähere Begründung fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Ehescheidungsurkunde Reg.-Nr. [...] des Scheidungsnotariats Nr. [...] Teheran/Iran, vom 25.5.2021 vorlägen.
Mit Schriftsatz vom 10.11.2022 hat die Antragstellerin beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Zur Begründung rügt sie zunächst die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil sie im Anerkennungsverfahren nicht beteiligt worden sei. Überdies sei die iranische Scheidung nicht anerkennungsfähig, weil sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Insbesondere verstoße das iranische Scheidungsrecht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Antragstellerin beantragt,
1. über die Entscheidung der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 26.10.2022, Geschäftszeichen 3465 E Nr. 29/2022 betreffend die Anerkennung der Ehescheidung Urkunderegisternummer [...] des Scheidungsnotariats Nr. [...] in Teheran/Iran vom 25.5.2021 gerichtlich zu entscheiden (§ 107 Abs. 6 S. 1 FamFG);
2. die Entscheidung der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 26.10.2022, Geschäftszeichen 3465 E Nr. 29/2022 aufzuheben und den Antrag des Antragsgegners auf Anerkennung der Ehescheidung Urkundenregisternummer [...] des Scheidungsnotariats Nr. [...] Teheran/Iran vom 25.5.2021 zurückzuweisen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag der Antragstellerin vom 10.11.2022, die Entscheidung der Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 26.10.2022 - 3465 E Nr. 29/2022 - aufzuheben und den Antrag des Antragsgegners auf Anerkennung der Ehescheidung im Iran zurückzuweisen, zurückzuweisen.
Soweit die Antragstellerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rüge, sei dies im gerichtlichen Verfahren nachgeholt worden, so dass der Antrag darauf nicht gestützt werden könne.
Auch unter Berücksichtigung von § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG sei die im Iran ausgesprochene Ehescheidung in Deutschland anzuerkennen. Die Antragstellerin sei im Iran anwaltlich vertreten gewesen. Da die Ehegatten bereits seit 2015 getrennt voneinander lebten, wäre die Scheidung auch in Deutschland ohne weiteres durchgeführt worden.
II. Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 107 Abs. 6 S. 1, Abs. 7 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat der Antrag keinen Erfolg.
1. Soweit die Antragstellerin rügt, ihr sei im Verwaltungsverfahren rechtliches Gehör versagt worden, ist dies zwar zutreffend, wirkt sich aber im Ergebnis deswegen nicht aus, ...