Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung bei Abschluss eines Vergleichs zwischen Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
1. Eine in einem Vergleich enthaltene Abgeltungsklausel, die vorsieht, dass mit Zahlung eines vereinbarten Betrages sämtliche - auch unbekannte - wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten im Zusammenhang mit ihrer Trennung und Beendigung der Ehe abgegolten sein sollen, erfasst allein die bis zum Abschluss des Vergleichs entstandenen Ansprüche.
2. Nicht erfasst von einem solchen Vergleich wird hingegen ein sich erst aus dem Vorgang des Vergleichsschlusses selbst ergebender Schadensersatzanspruch des einen Ehegatten gegen den anderen (hier nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch Unterlassen einer Aufklärung eines Ehegatten über einen für dessen Bereitschaft zum Abschluss des Vergleichs offenkundig essentiellen, nur dem anderen Ehegatten bekannten Umstand).
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 242, 826
Verfahrensgang
AG Bremen (Aktenzeichen 70 F 4064/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 21.2.2018 abgeändert:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin 10.311,75 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.9.2014 zu zahlen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.311,75 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten waren miteinander verheiratet. Während ihres ehelichen Zusammenlebens erbte die Antragstellerin im Jahr 2005 einen Betrag i.H.v. 40.000 EUR. Dieses Geld legte sie im Jahr 2007 in Absprache mit dem Antragsgegner bei der [...] Bank je zur Hälfte auf einem auf ihren Namen geführten Tagesgeldkonto und auf einem auf den Namen des Antragsgegners geführten Tagesgeldkonto an, um auf diese Weise zweimal eine Prämie erzielen zu können. Auf beide Konten hatte entsprechend einer zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung zunächst ausschließlich die Antragstellerin Zugriff. Sie allein erhielt die Online-Zugangs-Daten für beide Konten. Zwischen den Beteiligten bestand Einigkeit, dass das darauf befindliche Geld weiterhin allein der Antragstellerin zustehen sollte.
Nach der im März 2010 erfolgten Trennung der Beteiligten behauptete der Antragsgegner gegenüber der Bank, dass er die Zugangsdaten verloren habe. Im März 2011 ließ er diese ändern und sich sodann von der Bank einen Teilbetrag i.H.v. 11.500 EUR von dem auf seinen Namen lautenden Konto auszahlen. Nachdem die Antragstellerin hiervon Kenntnis erhalten hatte, übersandte sie ein auf den 31.5.2011 datiertes Telefax an die Bank. Dieses Schreiben, in dem sie den Antragsgegner als Absender nebst dessen Kontodaten benannte, um eine neue Zugangsnummer und PIN bat und als neue Anschrift ihre eigene Adresse angab, unterzeichnete sie mit dem Namen des Antragsgegners. Nach Erhalt der ihr daraufhin von der Bank übermittelten Zugangsdaten transferierte die Antragstellerin von dem auf den Namen des Antragsgegners lautenden Konto das darauf befindliche Restguthaben in Höhe von 10.311,75 EUR auf ihr eigenes Konto. Im August 2011 widersprach der Antragsgegner gegenüber der Bank dieser Überweisung, woraufhin die Bank ihm den Betrag von 10.311,75 EUR erstattete. Die Antragstellerin erhielt hiervon zunächst keine Kenntnis.
Am 16.7.2012 schlossen die Beteiligten im Rahmen eines anlässlich ihres Ehescheidungsverfahrens durchgeführten Mediationsverfahrens vor dem Amtsgericht Kiel einen Vergleich. In dessen Ziffer 1 heißt es:
"Der Antragsgegner zahlt an die Antragstellerin zur Abgeltung von Trennungsunterhalt, des Zugewinnausgleiches sowie zur Tilgung sämtlicher weiterer Ansprüche, bekannt oder unbekannt, mit Ausnahme des noch durchzuführenden Versorgungsausgleiches, eine Summe von 27.500 EUR.
Auf den Trennungsunterhalt werden daraus 16.000 EUR gezahlt.
[...]
Der Antragsgegner erstattet den zurückbehaltenen Betrag von 11.500 EUR an die Antragstellerin.
Damit sind sämtliche Ansprüche auf Zugewinnausgleich und sonstige Ansprüche, die mit der Beendigung der Ehe/Trennung in Zusammenhang stehen, mit Ausnahme des noch durchzuführenden Versorgungsausgleiches, seien sie bekannt oder unbekannt, wechselseitig abgegolten."
Die Antragstellerin ging - dies war dem Antragsgegner klar - bei Abschluss des Vergleichs davon aus, mit der - tatsächlich auch erfolgten - Erfüllung des Vergleichs durch den Antragsgegner ihr auf dem auf dessen Namen lautenden Konto angelegtes Geld vollständig zurückerhalten zu haben. Der Antragsgegner teilte der Antragstellerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vergleiches nicht mit, dass die Bank ihm den an die Antragstellerin ausgezahlten Betrag i.H.v. 10.311,75 EUR aufgrund seines Widerspruchs zwischenzeitlich erstattet hatte.
Mit Schreiben vom 11.8.2014 forderte die Bank von der Antragstellerin sodann unter Fristsetzung bis zum 15.9.2014 die Erstattung des Betrages i.H.v. 10.311,75 EUR. Die Antragstellerin...