Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines Darlehens bei vermögensloser Ehefrau. Aufspaltung des Darlehenvertrages in wirksamen und nichtigen Teil
Leitsatz (amtlich)
1. Unterzeichnet eine mit der Betreuung dreier gemeinsamer Kinder befasste, nicht erwerbstätige und im Übrigen vermögenslose Ehefrau gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Darlehensvertrag, der zur Finanzierung einer zu hälftigem Miteigentum zu erwerbenden Wohnung abgeschlossen wird, so unterliegt die die Ehefrau treffende Verpflichtung nicht dem Nichtigkeitsvorwurf des § 138 Abs. 1 BGB, weil ihr mit der Verwirklichung des gemeinsamen Vorhabens Vorteile in Gestalt des Miteigentumsanteils und der Nutzungsmöglichkeit der Wohnung zufallen.
2. Es bestehen keine Bedenken, einen Darlehensvertrag hinsichtlich seiner Wirksamkeit und seiner (Teil)Nichtigkeit in Teilbeträge dergestalt aufzuspalten, dass seine Wirksamkeit auf den Umfang beschränkt wird, in dem die Aufnahme des Darlehens notwendig war, um der mitunterzeichnenden Ehefrau die im Leitsatz zu 1. angesprochenen Vorteile zu verschaffen.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, § 139
Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 18.10.2005; Aktenzeichen 2 O 1735/05c) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Bremen vom 18.10.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die am 11.9.1954 geborene Antragstellerin erwarb gemeinsam mit ihrem früheren Ehemann zu je ½ Miteigentumsanteil im Jahre 1983 eine Eigentumswohnung in Bremerhaven zu einem Kaufpreis von 385.000 DM. Um diesen aufbringen zu können, nahmen die Eheleute zwei Darlehen auf, und zwar eines über 308.000 DM bei der Braunschweig-Hannoverschen Hypothekenbank AG und eines über 110.000 DM bei der Bank für Gemeinwirtschaft, Filiale Bremerhaven. Im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Darlehensverträge und auch danach betreute die Antragstellerin die seinerzeit acht, fünf und zwei Jahre alten gemeinsamen Kinder.
Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs der Bank für Gemeinwirtschaft unterzeichneten die Antragstellerin und ihr Ehemann am 7.8.1984 eine notarielle Urkunde, mit der sie für einen 558/10.000 stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Bremerhaven, 20 (Flur 42 Flurstücke 51/1, 52, 53), verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung in Ebene 24 Nr. 191 des Aufteilungsplans, eine mit 16 % jährlich zu verzinsende Grundschuld über 110.000 DM bestellten (UR Nr. 460/1984 des Notars G. T. [Bl. 8-10 d.A.]). Wegen des Grundschuldkapitals unterwarfen sich die Antragstellerin und ihr früherer Ehemann der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück, übernahmen für den Eingang des Grundschuldbetrages nebst Zinsen die persönliche Haftung, aus der die Gläubigerin sie schon der Vollstreckung als Gesamtschuldner sollte in Anspruch nehmen können und unterwarfen sich auch wegen dieser Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr jeweiliges gesamtes Vermögen. Bereits am selben Tage, dem 8.8.1984, wurde der Bank für Gemeinwirtschaft AG in Bremerhaven eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde zum Zwecke der sofortigen Zwangsvollstreckung erteilt (Bl. 11 d.A.).
In der Folgezeit musste der frühere Ehemann der Antragstellerin seine Berufstätigkeit aufgeben. Die Zins- und Tilgungsraten wurden nicht mehr geleistet. Mit Beschl. v. 13.10.1987 wurde das Wohnungseigentum beider Miteigentümer im Wege der Zwangsversteigerung einem Ehepaar M. aufgrund eines Bargebots von 170.000 DM zugeschlagen; von den Belastungen blieben lediglich die im Grundbuch Abt. II Nr. 1 und 2 eingetragenen Dienstbarkeiten bestehen (Bl. 13 d.A.). Die Ehe der Antragstellerin wurde am 16.5.1988 geschieden. Am 13.3.1990 trat die Bank für Gemeinwirtschaft AG ihre derzeitigen und künftigen Ansprüche gegen die Antragstellerin aus dem aufgenommenen "Projektkredit" i.H.v. seinerzeit 206.751,28 DM an die Antragsgegnerin ab (Bl. 12 d.A.)
Die Klägerin, die behauptet hat, der den Kaufpreis mit 33.000 DM übersteigende Teil der insgesamt gewährten Darlehen von 418.000 DM sei zur Tilgung allein ihren früheren Ehemann betreffender Verbindlichkeiten verwendet worden, hat unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse um Bewilligung von Prozesskostenhilfe einschließlich der Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten für eine beabsichtigte Klage nachgesucht, mit der die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Grundschuldurkunde vom 7.8.1984 des Rechtsanwalts Dr. W. S. als amtlich bestellter Vertreter des Notars G. T., UR-Nr. Nr. 460 der Unkundenrolle für 1984, soweit sie den gegen die Antragstellerin gerichteten Zahlungsanspruch betrifft, für unzulässig erklärt werden möge. Zur Begründung ihres angekündigten Klagebegehrens hat sich die Antragstellerin auf die höchstrichterliche Rechtsprechung berufen, wonach die Übernahme der Mithaftung eines Ehegatten, der wegen Fehlens eigenen Einkommens und Vermögens zur Erbringung der vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen außerstande sei, eine sittenwidrig begründete Bindung darstelle, die gem. § 138 ...