Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen des Zeitmoments und des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Das Zeitmoment im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag kann auch bei einem Zeitablauf von weniger als sechs Jahren zwischen Vertragsabschluss und Erklärung des Widerrufs durch den Verbraucher erfüllt sein. Es ist keine allgemeine Mindestdauer für das Zeitmoment zu bestimmen.
2. Es stellt einen Faktor von maßgeblichem Gewicht für die Annahme des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung des Widerrufsrechts bei einem Verbraucher-Darlehensvertrag dar, wenn der Vertrag auf Wunsch des Verbrauchers bzw. von den Parteien einverständlich beendet wurde.
3. Auch bei Vorliegen einer auf Wunsch des Verbrauchers erfolgten bzw. einverständlichen Beendigung des Verbraucher-Darlehensvertrags ist das Vorliegen des Umstandsmoments nicht im Sinne einer tatsächlichen Vermutung anzunehmen, sondern es sind weiterhin alle relevanten Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und zu bewerten. Dabei spricht es für die Begründung eines Vertrauens in die Nichtausübung des Widerrufsrechts, wenn der Darlehensgeber aufgrund der Vertragsbeendigung Sicherheiten freigibt und wenn zwischen der Vertragsbeendigung und der Widerrufserklärung ein weiterer Zeitablauf eintritt; dagegen spricht es, wenn auch nach Beendigung oder Ablösung des konkreten Darlehensvertrags die Parteien ein Darlehensverhältnis fortsetzen.
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 4 O 1946/16) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 18.12.2017, Az.: 4 O 1946/16, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14.06.2018 gegeben.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Ansprüche auf Rückzahlung im Wege einer Vorfälligkeitsentschädigung berechneter Beträge sowie geleisteter Zinsen und weiterer Beträge nach der Erklärung des Widerrufs eines bereits zurückgeführten Darlehens in Anspruch.
Der Kläger schloss mit der Beklagten, einem Kreditinstitut, am 13./20.01.2011 einen Vertrag über die Gewährung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens über einen Nennbetrag von EUR 330.000,- zur Darlehensnummer .... Für das Darlehen, das nach den Bedingungen des Darlehensvertrags bei Vertragsschluss eine voraussichtliche Laufzeit von zwanzig Jahren und vier Monaten haben sollte, wurde ein bis zum 30.01.2021 fest gebundener Sollzins von 3,59 % p.a. vereinbart.
Der Kläger führte das Darlehen am 28.11.2014 auf seinen Wunsch vorzeitig zurück und zahlte dabei eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von EUR 29.631,35. Die Beklagte gab im Zuge der Darlehensablösung die für das Darlehen bestehenden Sicherheiten frei.
Mit Schreiben vom 27.06.2016 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 01.07.2016 zurück.
Der Kläger behauptet, das Darlehen sei nicht als Präsenzgeschäft abgeschlossen worden. Er meint, bei Abschluss des Darlehensvertrags habe wegen Mängeln der Widerrufsbelehrung sowie fehlender weiterer erforderlicher Angaben die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen, so dass der im Jahr 2016 erklärte Widerruf noch nicht verfristet gewesen sei. Zudem sei das Widerrufsrecht auch nicht verwirkt gewesen.
Der Kläger berechnet seine insgesamt geltend gemachten Ansprüche von EUR 69.971,13 zuzüglich weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wie folgt:
EUR 32.132,25 gezahlte Zinsen
EUR 2.630,28 Nutzungsersatz auf die gezahlten Zinsen
EUR 29.631,35 gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung
EUR 100,00 Bearbeitungsgebühr
EUR 5.477,25 Nutzungsersatz auf die Vorfälligkeitsentschädigung
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Widerrufsfrist im Jahr 2016 bereits abgelaufen gewesen sei, da der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Jedenfalls beruft sie sich auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts des Klägers. Zudem bestreitet die Beklagte die Richtigkeit der Berechnung des Nutzungsersatzanspruchs des Klägers und sie erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit einem eigenen Nutzungsersatzanspruch, den sie in Höhe von EUR 31.132,25 berechnet, d.h. in Höhe der gezahlten Vertragszinsen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.12.2017 abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass offenbleiben könne, ob der Kläger sein Widerrufsrecht noch fristgerecht ausgeübt habe, da ein etwaig noch nicht verfristetes Widerrufsrecht zum Zeitpunkt der Ausübung jedenfalls verwirkt gewesen sei. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen klagabweisenden Urteil des Landgerichts Bremen vom 18.12.2017, Az.: 4 O 1946/16 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit seiner rechtzeitig eingelegten B...