Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Beschwerdefrist in einem Adoptionsverfahren bei Zustellung des ablehnenden Beschlusses an die Beteiligten und formlose Übermittlung an einen nicht als Verfahrensbevollmächtigten anzusehenden Notar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Reicht ein Notar in einem Adoptionsverfahren einen Antrag für beide Beteiligten ein, ohne ausdrücklich zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt zu sein und ohne dass Anhaltspunkte für eine konkludente Bestellung ersichtlich sind, ist er verfahrensrechtlich nicht als Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten zu behandeln.

2. Wird in einem solchen Fall ein ablehnender Beschluss des Familiengerichts sowohl an die Beteiligten zugestellt als auch dem Notar formlos übermittelt, ist für die Berechnung der Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1 FamFG der Zeitpunkt der Zustellung an die Beteiligten maßgebend.

 

Normenkette

FamFG §§ 10, 15 Abs. 2, § 63 Abs. 1, § 68 Abs. 2 S. 2; ZPO §§ 81, 172

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 20.12.2013; Aktenzeichen 61 F 2825/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. gegen den Beschluss des AG- Familiengericht - Bremen vom 20.12.2013 (61 F 2825/13) wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt EUR 5.000,00.

 

Gründe

I. Mit dem am 7.8.2013 durch den beurkundenden Notar eingereichten Antrag auf Annahme als Kind beantragen die Beteiligten, auszusprechen, dass der Beteiligte zu 1. von dem Beteiligten zu 2. als Kind unter Beibehaltung seines Geburtsnamens X. angenommen werden möge. Bei Einreichung des notariell beurkundeten Annahmeantrags beantragte der Notar, dem gestellten Antrag auf Annahme als Kind zu entsprechen und den Adoptionsbeschluss zu seinen Händen zu übersenden. Nach Anhörung der Beteiligten wies das AG- Familiengericht - Bremen den Antrag mit Beschluss vom 20.12.2013 zurück. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den angefochtenen Beschluss (Bl. 47 bis 51 d.A.) verwiesen.

Der den Antrag zurückweisende Beschluss wurde den Beteiligten zu 1. und 2. jeweils am 4.1.2013 durch Einlegung in die zu den Wohnungen gehörenden Briefkästen zugestellt. Dem den Antrag einreichenden Notar ging die gerichtliche Entscheidung am 6.1.2014 zu. Die gegen die Entscheidung gerichtete Beschwerde, eingereicht von dem nunmehr als Rechtsanwalt tätigen Notar, ging am 5.2.2014 bei dem Beschwerdegericht ein. Nach Hinweis durch Verfügung vom 18.2.2014 auf die möglicherweise versäumte Beschwerdefrist machen die Beschwerdeführer geltend, dass es auf die Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten ankomme; der Beteiligte zu 2. sei im Übrigen zum Zustellungszeitpunkt verreist gewesen und erst am 12.1.2014 zurückgekehrt.

II. Die Beschwerde war gem. § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht binnen eines Monats eingelegt worden ist, § 63 Abs. 1 FamFG. Die Beschwerdefrist begann mit Zustellung des ablehnenden Beschlusses an die Beteiligten zu 1. und 2. jeweils am 4.1.2014. Sie endete am 4.2.2014, einem Dienstag. Beschwerde wurde indes erst am 5.2.2014 eingelegt. Die Zustellungen vom 4.1.2014 setzten die Beschwerdefrist in Lauf. Sie sind wirksam erfolgt. Zu Recht hat das AG - Familiengericht - die Zustellung an die Beteiligten persönlich und nicht an den beurkundenden Notar veranlasst.

Zwar trifft es zu, dass Zustellungen in einem anhängigen Verfahren (nur) an den für den Rechtszug bestellten Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten bzw. Urkundsnotar zu erfolgen haben, §§ 15 Abs. 2 FamFG i.V.m. 172 ZPO (BGH NJW 1996, 2103).. Hier fehlt es indes an einer solchen Bestellung.

Prozessbevollmächtigter i.S.d. § 172 ZPO ist diejenige Person, der die Partei eine Prozessvollmacht erteilt hat, die nach § 81 ZPO zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen ermächtigt. Die Bestellung zum Prozessbevollmächtigten geschieht dadurch, dass dem Gericht die Bevollmächtigung zur Kenntnis gebracht wird (vgl. BGH NJW-RR 2007, 356). Dies kann ausdrücklich oder schlüssig geschehen, etwa durch Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (vgl. etwa BGH NJW-RR 1992, 699). In jedem Falle aber ist Voraussetzung einer Bestellung, die zur Entgegennahme einer von Amts wegen vorzunehmenden Zustellung berechtigt, dass dem Gericht Mitteilung von einem Vertretungsverhältnis gemacht wird (vgl. BGH NJW-RR 2000, 444); wobei die Bestellung - bereits im Interesse der Rechtssicherheit - hinreichend eindeutig erkennbar sein muss (vgl. zur Eindeutigkeit BGH NJW 1992, 699). Für den Verfahrensbevollmächtigten i.S.d. § 10 FamFG gilt dies alles entsprechend.

Vorliegend hat sich der offenbar für beide Beteiligten tätige Notar nicht ausdrücklich zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt. Eine Vollmacht, im anschließenden Rechtszug tätig zu werden und Zustellungen mit Wirkung für die Beteiligten entgegenzunehmen, ist weder schriftsätzlich behauptet noch ergibt sie sich aus dem notariell beurkundeten Antrag betreffend die Ann...

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