Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlag mit einem Mobiltelefon als Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Strafrecht. Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs. Mobiltelefon

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schlag mit einem in der flachen Hand gehaltenen Mobiltelefon in das Gesicht des Opfers stellt grundsätzlich keine Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar, da hiermit nach Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung eine Eignung zur Herbeiführung erheblicher Körperverletzungen nicht festzustellen ist. Anderes kann gelten, wenn der Schlag mit einer Ecke oder Kante des Telefons ausgeführt wurde.

2. Auch dass es bei dem Schlag mit dem Mobiltelefon zu einer inneren Platzwunde an der Lippe kam, trägt für sich genommen nicht die Feststellung, dass das Mobiltelefon nach der konkreten Art seines Einsatzes zur Verursachung erheblicher Verletzungen geeignet war. Anderes kann gelten auf der Grundlage gesonderter Feststellungen zum konkreten Umfang und zum Heilungsverlauf der Verletzung.

 

Normenkette

StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Entscheidung vom 29.04.2019; Aktenzeichen 51 Ns 190 Js 58111/17 (74/18)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 29.04.2019 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Kammer des Landgerichts Bremen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 30.07.2018 verhängte das Amtsgericht Bremen gegen den Angeklagten wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 10,- EUR. Gegen dieses Urteil legten die Staatsanwaltschaft Bremen am 03.08.2018 und der Angeklagte am 31.07.2018 Berufung ein. Mit Urteil der Strafkammer 51 des Landgerichts Bremen vom 29.04.2019 wurde auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 30.07.2018 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt wurde, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Berufung des Angeklagten wurde verworfen.

Dabei hat das Landgericht folgende Feststellungen zur Tat getroffen:

"[...] Wütend darüber, dass die Zeugin A. nicht rauskommen wollte, betrat der Angeklagte das Ladengeschäft und schlug der Zeugin sofort mit der flachen Seite seines in der rechten Hand getragenen Smartphones üblicher Beschaffenheit derartig heftig gegen ihre linke Gesichtshälfte, dass diese das Gefühl hatte, ihre Oberlippe sei aufgeplatzt. [...] Die Zeugin A. erlitt durch die Gewalthandlungen des Angeklagten eine Handprellung rechts, eine Prellmarke links cervikal und eine innere Platzwunde an der linken Oberlippe."

Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte mit am 29.04.2019 per Fax eingegangenen Schreiben Revision ein. Die schriftlichen Urteilsgründe sind seinem Verteidiger am 05.06.2019 zugestellt worden. Die Revision wurde mit Schriftsatz vom 13.06.2019 begründet. Die Angeklagte rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hat am 22.07.2019 Stellung genommen.

Der Angeklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Bremen vom 29.04.2019 mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bremen zurückzuverweisen.

II.

Die Revision des Angeklagten ist statthaft (§ 333 StPO), form- und fristgerecht eingelegt (§ 341 StPO) und begründet worden (§§ 344, 345 StPO) und infolge der sich aus der Verurteilung für den Angeklagten ergebenden Beschwer damit zulässig. Die Revision hat auf die Sachrüge des Angeklagten Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Bremen.

1. Die Revision des Angeklagten erweist sich auf die Sachrüge als begründet, da die vom Landgericht in seinem Urteil festgestellten Tatsachen eine Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung nicht tragen. Das Landgericht hat das Mobiltelefon des Angeklagten, mit dem er einen heftigen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte der Verletzten geführt hat, der zu einer inneren Platzwunde an der linken Lippe geführt hat, als ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB angesehen. Dieser Bewertung schließt sich der Senat nicht an.

Bei einem gefährlichen Werkzeug handelt es sich um jeden festen Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung dazu geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen, wobei hier mit einer erheblichen Verletzung eine nach Dauer oder Intensität gravierende, jedenfalls nicht nur ganz leichte Verletzung oder Gesundheitsschädigung gemeint ist (siehe BGH, Urteil vom 14.05.2014 - 2 StR 275/13, juris Rn. 12 m.w.N., JR 2015, 206). Das Landgericht hat h...

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