Leitsatz (amtlich)
§ 21 Abs. 2 TTDSG beinhaltet eine spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage für eine Auskunftspflicht des Betreibers einer (Arbeitgeber-)Bewertungsplattform gegenüber den Betroffenen von Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in diesem Rahmen.
Normenkette
StGB §§ 185-187; TTDSG § 21
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 09.11.2023; Aktenzeichen 13 O 99/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 9. November 2023 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 9. Januar 2024 abgeändert.
Der Antrag der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antrags- sowie des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 5.000 EUR.
Gründe
A. Die Antragstellerin begehrt eine gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit einer Auskunftserteilung nach § 21 TTDSG.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin, eine natürliche Person, betreibt als Inhaberin das Unternehmen "B...", bei welchem es sich um einen Zusammenschluss von Praxen für Logopädie in Hannover und Umgebung handelt. Die Beteiligte betreibt unter anderem die Arbeitgeberbewertungsplattform "k...". Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Auszubildende sowie Bewerber können auf k... ihren Arbeitgeber in verschiedenen vorgegebenen Kategorien bewerten. Die Bewertung erfolgt jeweils in Form einer "Sternebewertung" (von 1 - 5 Sternen, wobei 1 Stern die schlechteste und 5 Sterne die beste Bewertung ist). Zu den Bewertungskategorien gehören beispielsweise "Arbeitsatmosphäre", "Kollegenzusammenhalt", "Work-Life-Balance", "Vorgesetztenverhalten", "Gleichberechtigung", "Arbeitsbedingungen", "Karriere/Weiterbildung". Es besteht auch die Möglichkeit, die Bewertung des Arbeitgebers in Freitexten weiter auszuführen.
Ein(e) anonymer Nutzer(-in) der Plattform der Beteiligten veranlasste am 31. Januar 2023 eine negative Bewertung des Unternehmens der Antragstellerin mit dem Titel "Einmal und nie wieder!" mit folgendem Inhalt:
"Als Arbeitgeber ist dieses Unternehmen ein einziger Reinfall. Ich war dort weniger als 2 Monate beschäftigt und bin während dieser Zeit durch die Hölle gegangen.
Die Einarbeitung war katastrophal. Ich wurde gleich zu Beginn mit unfassbar vielen Zusatzaufgaben überschüttet. Hinzu kam ein Berg an technischen und organisatorischen Problemen. Es herrscht ein eindeutiges Machtgefälle und unprofessionelles Verhalten gegenüber Angestellten. Von Seiten der Führungsebene wurde ich ausgebeutet und herablassend behandelt. Als ich mich dagegen zur Wehr gesetzt habe, wurde ich beleidigt und unter Druck gesetzt. An dieser Stelle könnte ich jetzt auch noch mehr sagen...
In erster Linie geht es diesem Unternehmen um eine gute Außenwirkung. Leider bekommen die Patienten nicht mit, was sich hinter den Kulissen abspielt.
Daher empfehle ich allen, die auf Jobsuche sind und ihre Arbeit zu schätzen wissen: Lasst euch nicht vom Marketing dieses Unternehmens blenden. Wenn ihr euch selber etwas Wert seid, dann schaut euch bitte woanders um - an einem Ort, der euch und eurer Seele gut tut!"
Dabei war die Bewertung mit der geringstmöglichen Anzahl, nämlich einem Stern versehen.
Die Antragstellerin beabsichtigt, gegen den Nutzer der betreffenden Bewertung vorzugehen. Hierzu benötigt sie die mit dem vorliegenden Antrag begehrten Bestandsdaten und wandte sich mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Februar 2023 an die Beteiligte.
Mit E-Mail vom 27. Februar 2023 erklärte die Beteiligte, sie werde die von der Antragstellerin beanstandeten Inhalte vorerst deaktivieren und den Nutzer auffordern, einen Tätigkeits-/Bewerbungsnachweis, die Antragstellerin betreffend, vorzulegen.
Mit einer weiteren E-Mail vom 29. April 2023 erklärte die Beteiligte, der anonyme Nutzer habe einen Nachweis für die Tätigkeit/Bewerbung bei der Antragstellerin vorgelegt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. April 2023 bat die Antragstellerin um Übermittlung des Tätigkeitsnachweises. Dies erfolgte seitens der Beteiligten am 3. Mai 2023 in der Weise, dass der Antragstellerin ein teilweise anonymisierter Arbeitsvertrag vorgelegt wurde. Aus diesem vorgelegten Arbeitsvertrag ergibt sich, dass Arbeitgeber die Antragstellerin gewesen ist. Wegen des genauen Inhalts des der Antragstellerin vorgelegten Arbeitsvertrages wird auf die Anlage B 2 (Bl. 67 d.A.) Bezug genommen.
In dem vorliegenden erstinstanzlichen Verfahren hat die Beteiligte eine eidesstattliche Versicherung einer - namentlich konkret benannten - Mitarbeiterin vom 6. September 2023 vorgelegt. Die eidesstattliche Versicherung beinhaltet unter anderem die Erklärung der Mitarbeiterin, dass die bewertende Person am 27. Februar 2023 auf die entsprechende Anfrage der Beteiligten einen Arbeitsvertrag als Nachweis ihrer Tätigkeit im Unternehmen der Antragstellerin vorgelegt habe. Dieser Tätigkeitsnachweis sei von Seiten der Beteiligten durch Abgle...