Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter bei Masseunzulänglichkeit
Leitsatz (amtlich)
Im Falle der Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) kann der Insolvenzverwalter für ein von ihm betriebenes Klagverfahren grundsätzlich Prozesskostenhilfe beanspruchen, weil er, anders als bei Massearmut (§ 207 Abs. 1 InsO), verpflichtet und berechtigt bleibt, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und zu verwerten (§ 208 Abs. 3 InsO).
Normenkette
ZPO §§ 114, 116, 207-208
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 30.05.2012; Aktenzeichen 8 O 51/12) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 25.6.2012 wird der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Verden vom 30.5.2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Entscheidung im Hinblick auf die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers und die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung an das LG zurückgegeben.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Das LG wird - unter Beachtung der Rechtsauffassung der Beschwerdeentscheidung - hinsichtlich des Antrags vom 16.2.2012 zu entscheiden haben, ob die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers als Partei kraft Amtes nach § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen, die beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, § 114 S. 1 ZPO.
1. Zwar stimmt der Senat mit der dem angefochtenen Beschluss der Kammer zugrunde liegenden Rechtsauffassung überein, wonach dann, wenn sich ein Insolvenzverfahren als massearm erweist, dieses einzustellen ist und die Führung des beabsichtigten Rechtsstreits nicht (mehr) zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehört, weshalb ihm keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist. Ebenso trifft es auch nach Auffassung des Senats zu, dass die Forderung, die der Insolvenzverwalter durch den Rechtsstreit durchsetzen möchte, bei der Feststellung der Massearmut nicht zu berücksichtigen ist, weil Ansprüche, die mit zweifelhaftem Ergebnis nur im Prozesswege durchzusetzen sind, bei der Ermittlung der Insolvenzmasse außer Betracht bleiben müssen (Uhlenbruck/Ries, InsO, 13. Aufl., § 207 Rz. 2 m.w.N.), da ein realer Gegenwert noch nicht vorhanden ist. Da das Gesetz in solchen Fällen die alsbaldige Einstellung des Insolvenzverfahrens fordert (§ 207 Abs. 1 InsO), ist der Insolvenzverwalter zur Führung derartiger Rechtsstreite weder verpflichtet noch berechtigt. Bei einer solchen Sachlage kann der Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe nicht erhalten, weil dann, wenn sich die Massearmut herausgestellt hat, nur noch die vorhandene liquide Masse - zu der bestrittene Forderungen nicht gehören - verteilt wird und naheliegende und risikolose Verwertungsmaßnahmen ergriffen werden. Die Durchsetzung von Zahlungsansprüchen im Klagwege gehört dann nicht mehr zu den gesetzlichen Aufgaben des Verwalters (vgl. BGH, Beschl. v. 16.7.2009 - IX ZB 221/08). Wenn sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herausstellt, dass die Insolvenzmasse nicht einmal ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken, hat das Insolvenzgericht, sofern nicht ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a InsO gestundet werden, das Verfahren einzustellen (§ 207 Abs. 1 InsO). Der Insolvenzverwalter hat in diesem Fall nur noch die vorhandene liquide Masse zu verteilen. Bis zur Einstellung des Verfahrens bleibt er zwar zur Verwaltung der Insolvenzmasse berechtigt und verpflichtet, er mag auch noch befugt sein, naheliegende Verwertungsmöglichkeiten zu nutzen. Ein Rechtsstreit stellt aber keine naheliegende und risikolose Verwertungsmaßnahme dar, weil er typischerweise beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt und das Risiko birgt, die Masse mit zusätzlichen Kosten zu belasten (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 7 nach juris). Es kann daher kein Anspruch auf Finanzierung eines Rechtsstreits auf Kosten der steuerfinanzierten Staatskasse bestehen, der entweder die vom Gesetz verlangte Einstellung des Insolvenzverfahrens hinausschieben würde oder - sofern das Insolvenzverfahren dennoch eingestellt würde - anschließend von der Schuldnerin nicht mehr fortgesetzt werden könnte.
In dieser Hinsicht kann sich ein Insolvenzverwalter auch nicht auf die "Ordnungsfunktion" des Insolvenzverfahrens berufen. Da (von den Ausnahmefällen der Stundung der Verfahrenskosten und des Gläubigervorschusses abgesehen) Voraussetzung eines Insolvenzverfahrens immer die Deckung der Verfahrenskosten ist, rechtfertigt die Ordnungsfunktion nicht die Durchführung eines Rechtsstreites und die Bewilligung der Prozesskostenhilfe dafür, da eine Ordnungsfunktion nur einem Verfahren zukommen kann, das den Vorschriften der Insolvenzordnung entsprechend durchführbar ist (vgl. ausdrücklich BGH, a.a.O., Rz. 9 nach juris).
Die dem angefochtenen B...